Die Politik darf ein bewährtes Instrument nicht wegen des Falls VW in Frage stellen, meint unser Autor Roland Pichler.

Wolfsburg/Berlin - Dass der VW-Konzern wegen seines Streits mit Zulieferern der Allgemeinheit auf den Taschen liegt, erregt die Gemüter. In der Union gibt es bereits die ersten Stimmen, die Änderungen beim Kurzarbeitergeld fordern. Dazu wird es schon deshalb nicht kommen, weil die SPD als Koalitionspartner keinerlei Korrekturbedarf sieht. Die Sozialdemokraten haben recht. Es ist voreilig, von einem Einzelfall auf die Qualität eines Gesetzes zu schließen. Wenn Unionspolitiker den Regelungsbedarf mit den Vorgängen bei VW begründen, handelt es sich um einen typischen Schnellschuss. Eine Generalrevision des Gesetzes lässt sich aus der Auseinandersetzung nicht ableiten.

 

In der Debatte wird übersehen, dass es in erster Linie um die Beschäftigten gehen muss. Das Kurzarbeitergeld ist dafür da, Entlassungswellen zu verhindern. Die Vorschriften der Bundesagentur für Arbeit sehen ausdrücklich vor, das die Leistung gezahlt wird, wenn es zu Lieferstopps von produktionsnotwendigem Material kommt. Das war bei VW der Fall. Rechtlich dürfte die Sache damit nicht zu beanstanden sein. Ohnehin sollte die Politik abwarten, bis die Bundesagentur für Arbeit in der Sache entschieden hat.

In der Finanzkrise hat sich das Instrument bewährt

Eine Grundsatzdebatte über das Kurzarbeitergeld ist unangebracht. In der Finanzkrise 2008/2009 hat sich das staatliche Instrument bewährt. Andere Länder beneiden Deutschland um diese Form der Jobsicherung. Es ist zwar richtig, dass Beitragszahler während der Finanzkrise einen zweistelligen Milliardenbetrag aufbringen mussten, um Arbeitsplätze zu erhalten. Aus volkswirtschaftlicher Sicht war das jedoch eine lohnende Ausgabe. Nachdem die Krise vorüber war, konnten die Unternehmen mit ihrem Mitarbeiterstamm schnell wieder durchstarten. Hätten die Betriebe dagegen Teile der Belegschaften entlassen müssen, wäre ein rascher Aufschwung kaum möglich gewesen. Das Kurzarbeitergeld ist gerade dazu da, dass Betriebe schwierige Phasen überbrücken können. Davon profitieren kleine und große Unternehmen gleichermaßen. Falsch wäre es, ein bewährtes Instrument aus emotionalen Reflexen heraus infrage zu stellen.