Die nur schwach sinkende Langzeitarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, gehört zu den großen Herausforderungen des ansonsten glänzend positionierten Arbeitsmarktes. Erfolge können lediglich in kleinen Schritten erfolgen, meint StZ-Redakteur Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Arbeitsmarkt glänzt mit einem Rekordhoch bei der Erwerbstätigkeit, doch muss Deutschland weiterhin mehr als eine Million Langzeitarbeitslose verkraften. Die Zahl der auf Grundsicherung angewiesenen Menschen nimmt nur langsam ab – der Aufschwung zieht an ihnen vorbei. Dies überrascht selbst die Arbeitsagentur, die in der Hoffnung auf die Konjunktur zuvor viele Beschäftigungschancen am zweiten Arbeitsmarkt eingeschränkt hatte. Die Stagnation jedoch als reines Versagen der Arbeitsmarktpolitik zu werten wäre kurzsichtig.

 

Vielfach handelt es sich um kaum integrierbare Menschen. Weil immer mehr einfache Arbeit wegbricht, sind sie noch weniger konkurrenzfähig als bisher schon. Es sind langfristig Erkrankte darunter und Wohnungslose – auch betreuungsbedürftige ältere Menschen, die sich selbst mit simplen Aufgaben schwertun. Fortschritte lassen sich bei ihnen nur in begrenztem Rahmen erzielen. So erscheint es realistisch, wenn die Arbeitsagentur die kontinuierliche Förderung einer relativ kurzen, intensiven Unterstützung vorzieht.

Mindestlohn-Entscheidung ist richtig

Im Lichte der neuen Zahlen erweist sich auch die Entscheidung der großen Koalition als richtig, Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr einer Beschäftigung vom gesetzlichen Mindestlohn auszunehmen. Hätten sie auch von Anfang an 8,50 Euro in der Stunde verdienen sollen, wäre die Tür zum regulären Arbeitsmarkt generell versperrt geblieben. Nun können sie schrittweise in die Praxis zurückfinden. Niemand sollte den Betroffenen Illusionen machen.

Stattdessen sind viele Hilfestellungen nötig, um sie ins Arbeitsleben einzugliedern. Die Erfahrung, dass dies nicht mehr gelingt, gehört dazu – da hilft dann nur ein Sozialer Arbeitsmarkt mit begrenzten Tätigkeiten, die zumindest Stabilität und soziale Kontakte vermitteln. All das kostet Geduld und nicht weniger Geld – eine große Herausforderung. Es ist aber ein Gebot gesellschaftlicher Fairness und Solidarität, für möglichst viele Langzeitarbeitslosen passende Lösungen zu entwickeln.