Selbstkritik ist ein probates Mittel, wenn es darum geht, unversöhnliche Positionen aufzuweichen. Die neue Stellungnahme der GEW könnte befriedend wirken – wenn sie Gehör findet, kommentiert StZ-Redakteurin Renate Allgöwer.

Stuttgart - Selbstkritik ist ein probates Mittel, wenn es darum geht, unversöhnliche Positionen aufzuweichen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den ersten Schritt getan. Sie gesteht ein, dass ihr Versuch gescheitert ist, das Thema Akzeptanz sexueller Vielfalt über die Leitlinien des zukünftigen Bildungsplans in den Schulen zu verankern.

 

Zu viele Fehlinterpretationen, zu viele gezielte Indiskretionen machen eine neue Grundsatzdebatte nötig. Der Vorschlag der GEW, neue, übergreifende Leitlinien zu formulieren, unter denen auch die sexuelle Vielfalt Platz finden könnte, kann durchaus zur Versöhnung beitragen. Tatsächlich erscheint der Aspekt in der ersten Arbeitsfassung deutlich überbetont. Das Papier war der sehr bemühte Versuch, die Akzeptanz verschiedener Lebensformen in das Korsett der fünf Leitlinien zu pressen, und ist dabei über das Ziel hinausgeschossen. Käme das Thema zusammen mit anderen unter ein neues gesellschafts- und kulturpolitisches Dach, könnte es den Stellenwert bekommen, der ihm zukommt – als einer von vielen Aspekten der Vielfalt.

Ein großer Anlass zur Sorge ist jedoch, mit welcher Unversöhnlichkeit das Thema diskutiert wurde. Viele, auch die Kirchen, haben eine unglückliche Figur gemacht. Versachlichung tut not, denn eines geht nicht: die sexuelle Vielfalt totzuschweigen.