Angela Merkel hat ihrer CDU eine Anti-Aging-Kur verordnet. Die Christdemokraten schicken sich an, in den Revieren der politischen Konkurrenz zu wildern. Ihr Problem ist allerdings die Erkennbarkeit, meint StZ-Korrespondent Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - „Weiter so“ ist ein bewährtes Motto in konservativen Kreisen. Im Moment gäbe es für die CDU viele Vorwände, um daran festzuhalten: Die Partei der Kanzlerin ist der politischen Konkurrenz entschwebt. Ihre Umfragewerte bewegen sich in Baumwipfelhöhe über denen der SPD. Die Chefin selbst erfreut sich beispielloser Beliebtheit. Und inzwischen hat die Union auch wieder mehr Mitglieder, als es Genossen gibt.

 

Gleichwohl wäre es fatal, wenn Angela Merkel sich auf den Lorbeeren ausruhen würde. Dieser Fehler ist ihrem Ziehvater Helmut Kohl in der Abenddämmerung seiner Regentschaft unterlaufen. Merkel hingegen hat der eigenen Partei eine Art Anti-Aging-Kur verordnet. Das Ergebnis lässt sich jetzt besichtigen. Die CDU möchte ökologischer, juveniler, weiblicher, konsumentenfreundlicher und auch ein bisschen gefühliger erscheinen. Sie will weniger nach Kohl und Adenauer und mehr nach dem Hipster-Generalsekretär Peter Tauber und nach der Strahlefrau Julia Klöckner aussehen. Das kann kein Schaden sein.

Die Merkel-CDU passt sich dem Umfeld an

Merkel, die Reformatorin der Christdemokratie, trägt dem Umstand Rechnung, dass die Stammklientel der Union zu den aussterbenden Arten zählt. Eines nicht allzu fernen Tages wird es mehr Muslime in Deutschland geben als treue Kirchgänger. Die Merkel-CDU beherrscht das politische Mimikry: Sie passt sich dem Umfeld an – und das ist in den meisten Gegenden, schon gar in den Großstädten, nicht mehr schwarz, sondern zunehmend bunter. Zudem werden Parteien als männerdominierte Machtapparate im 21. Jahrhundert nicht mehrheitsfähig bleiben. Merkel setzt auf die erfolgversprechende Taktik, als Volkspartei der Mitte sich eben dort noch ein bisschen mehr auszubreiten. Sie wildert in den Revieren der Wettbewerber. So waren auch ihre Wahlkämpfe stets angelegt.

Die runderneuerte Programmatik der CDU ist im orthodoxen Sinne unpolitischer als das bisher gewohnte Erscheinungsbild. Dafür sind die Themen und Anliegen, die jetzt ins Schaufenster des Adenauerhauses kommen sollen, näher an der Lebenswelt, an den Wahrnehmungen und den Bedürfnissen eines immer weniger an Politik interessierten Publikums. Das Werbeversprechen der nun noch ein bisschen mehr merkelisierten CDU ließe sich mit drei Worten zusammenfassen: Wellness für alle.

Was ist eigentlich noch authentisch an dieser CDU?

Allerdings besteht auf vielen Themenfeldern eine offenkundige Kluft zwischen der fluffigen Rhetorik und der praktischen Politik. Als moderne Partei mangelt es der CDU noch an Glaubwürdigkeit. Das zeigt zum Beispiel die verklemmte Debatte über die Homo-Ehe. Bei aller Anschmiegsamkeit an die Trends dieser Zeit wächst für die Christdemokraten das Problem, erkennbar zu bleiben. Sie sind irgendwie auch ökologisch, sozialdemokratisch ohnehin, haben auch ein paar Liberale in ihren Reihen und wollen dem versprengten Rest von Konservativen eine Heimat bieten. Doch es wird immer schwieriger, die Frage zu beantworten, was an dieser CDU eigentlich noch typisch und authentisch ist.