Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum EnBW-Deal tritt zurück, der nächste Skandal in der Affäre. Für Thomas Breining, den Ressortleiter Landespolitik bei der StZ, stellt sich die Frage: Lernt die CDU nichts dazu?

Stuttgart - Der Kauf der Aktien des Energiekonzerns EnBW durch das Land und seine Folgen kommen nicht aus der Unwetterzone heraus. Jetzt gibt es einen neuen Skandal: Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der CDU-Abgeordnete Ulrich Müller, ist zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenz aus der Tatsache, dass er dem Hauptverantwortlichen bei dem Geschäft, dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus, Unterlagen aus der Ausschussarbeit hat zukommen lassen. Das ist ein beispielloser Vorgang. Müller musste zurücktreten. Folgerichtig wäre, den Ausschuss ganz zu verlassen. Müller stellt zum einen die politische Aufklärungsarbeit infrage, bei der der Ausschuss bisher viel geleistet hat. Der Vorfall untergräbt zudem den Läuterungsprozess, dem sich die CDU seit der historischen Abwahl vor fast zwei Jahren unterzieht.

 

Wenn einer der 24 Untersuchungsausschüsse, die der baden-württembergische Landtag bisher eingesetzt hat, wirklich Aufklärungsarbeit geleistet hat, dann ist es der EnBW-Untersuchungsausschuss.

Verstoß gegen die Landesverfassung

Man denke nur an die Stück für Stück an die Öffentlichkeit gedrungenen Einzelheiten des 4,7-Milliarden-Geschäftes. An den unangemessenen Mailverkehr zwischen Mappus und seinem Berater Dirk Notheis, der damals noch Investmentbanker war. An die unwürdigen Umstände, unter denen der damalige Finanzminister Willi Stächele seine Unterschrift unter die „Notbewilligung“ setzen musste. Oder daran, dass erst im Ausschuss bis heute ungeklärte Widersprüche zwischen den Einlassungen von Mappus und seinem juristischen Berater Martin Schockenhoff zu Tage traten. Dabei geht es um die wichtige Frage, wer die Verantwortung trägt für den Verstoß gegen die Landesverfassung. Den hat der Staatsgerichtshof festgestellt, weil der Deal 2010 am Landtag vorbei durchgezogen wurde.

Ohne den Untersuchungsausschuss wüsste man viel weniger über die seinerzeit herrschende politische Kultur im Lande. Man ist versucht zu sagen: Man weiß nun mehr trotz des Ausschussvorsitzenden. Ulrich Müller hält sich zwar zugute, dass er sich in seiner Verhandlungsführung „um ein Höchstmaß an Kompetenz, Transparenz, Vertrauenswürdigkeit, Fairness und Neutralität bemüht“ habe. Allerdings werden Transparenz und Vertrauenswürdigkeit massiv in Zweifel gezogen, weil der Politiker erst jetzt seine besondere Korrespondenz mit Stefan Mappus einräumt.

Methoden der Mappus-Regentschaft

Hätte er das auch getan, wenn das bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmte Material von der Staatsanwaltschaft nicht hätte verwertet und damit an den Untersuchungsausschuss hätte ausgehändigt werden dürfen? Kurz bevor die Ausschussmitglieder Müllers Post in den Mappus-Akten gefunden hätten, trat er mit seinem Eingeständnis an die Öffentlichkeit.

Methoden wie diese sind es aber, die man mit der Mappus-Regentschaft verbindet. Die CDU tut sich auch zwei Jahre nach der verlorenen Landtagswahl schwer, sich von diesem Kungel-Image zu lösen. Es kostet die führenden Christdemokraten erhebliche mentale Anstrengung, einen Weg zu finden zwischen einer tolerablen Loyalität zum Gewesenen und der notwendigen Zuwendung zu neuen Themen und neuem Personal für die Zukunft. Genau in diese Situation platzt Müllers Fauxpas. Die CDU muss sich nicht wundern, wenn nun wieder die alte Frage aufgeworfen wird: Hat sie denn immer noch nicht begriffen, dass sie solche Praktiken hinter sich lassen muss? Darum hat Ulrich Müller seiner Partei einen Bärendienst erwiesen.

Es wird für die Union unangenehm werden, und es wird sie zurückwerfen, wenn grüne und rote Abgeordnete nachfragen, was genau Müller Mappus gegeben hat. Das müssen sie aber tun. Die Öffentlichkeit hat ein Recht, auch das zu erfahren. Denn offenbar ist das politische Sittengemälde trotz aller Mühen noch nicht genau genug.