Als Parteichef war Philipp Rösler (FDP) zuletzt fast unsichtbar. Nun prescht er vor - zur Unzeit. Ein Kommentar von Barbara Thurner-Fromm.

Berlin - Man muss die Meinung des Euro-Rebellen Frank Schäffler nicht teilen. Man kann sie mit guten Argumenten für falsch und politisch gefährlich erachten. Aber man muss dem liberalen Bundestagsabgeordneten zu Gute halten, dass er mit offenem Visier für seine Überzeugung kämpft, die Möglichkeiten innerparteilicher Demokratie nutzt und mit dem von ihm initiierten Mitgliederentscheid in der FDP für rege politische Diskussionen gesorgt hat.

 

So viel interessierte Zuhörer an der Basis hat die FDP schon lange nicht mehr gefunden. Doch während Schäffler durch die Republik tourte und kämpfte, duckte sich sein Parteichef weg. Nur in zwei der insgesamt 100 Veranstaltungen focht er selber für den Kurs der Parteispitze. Offensivgeist sieht anders aus.

Um so mutiger prescht Rösler nun zur Unzeit vor. Obwohl die FDP-Mitglieder noch bis Dienstag ihren Wahlzettel zur Post bringen können und folglich nicht eine einzige Stimme ausgezählt ist, erklärt der Parteichef den Mitgliederentscheid schon für gescheitert. Für lupenreine Demokraten hat es sich bisher verboten, vor der Schließung der Wahllokale Sieger und Verlierer auszurufen. Doch bei der FDP ist augenscheinlich mehr ins Rutschen geraten als nur die Sympathiewerte. Doch wer als Parteichef seine eigene Basis derart gering schätzt, dürfte Probleme bekommen.