Joachim Gauck hat sein Thema gefunden: das Miteinander der Menschen untereinander in Deutschland, analysiert StZ-Redakteurin Barbara Thurner-Fromm.

Köln - Auf diesen Bundespräsidenten können wir stolz sein. Joachim Gauck duckt sich nicht weg. Er geht dorthin, wo es wehtut. Nach Köln-Mülheim etwa, wo in der Keupstraße, in der überwiegend Türken wohnen, vor zehn Jahren mutmaßlich die rechten Terroristen des NSU mit einem Nagelbombenanschlag 22 Menschen verletzt haben. Seinerzeit gab es Ermittlungspannen und falsche Verdächtigungen zuhauf; Misstrauen gegen die Zugewanderten beherrschte das Denken, nicht die Solidarität mit den Opfern.

 

Daran erinnerte Gauck jetzt bei seinem Besuch. Es ist eine späte Genugtuung für die Betroffenen. Vor allem aber benennt der Präsident schnörkellos die politischen Lehren aus den Verbrechen: Gegen Rassismus kann man, muss man aber auch etwas tun. „Euer Hass ist unser Ansporn“, formuliert Gauck, das kann man nicht missverstehen. Doch der Bundespräsident vertieft auch, was er schon vor einigen Wochen zur Integration gesagt hat. Er fordert nicht nur einen respektvollen Umgang aller untereinander ein, sondern er beschreibt auch, welches Bewusstsein dafür nötig ist: „Wir sind verschieden. Aber wir gehören zusammen.“ Gauck wird gerne vorgehalten, er predige immer noch wie ein Pfarrer. Mag ja sein. Aber wie wohltuend sind doch die verständlichen Worte zwischen den sprachlichen Nebelkerzen vieler Politiker.