SZ-Reporter lehnen die Ehrung ab. Richtige Entscheidung, falsche Begründung, meint StZ-Redakteur Markus Reiter.

Stuttgart - Der Henri-Nannen-Preis wird als der wichtigste deutsche Journalistenpreis angesehen, was daran liegt, dass die wichtigsten deutschen Medien in seiner Jury vertreten sind und ihn gerne an ihre Redaktionskollegen vergeben. So kommt es, dass „Süddeutsche Zeitung“ (SZ), „Stern“, „Spiegel“ und „Zeit“ fast immer in einer der sieben Kategorien absahnen. In diesem Jahr nun schmuggelte sich ein Schmuddelkind unter die Preisträger. Die Hälfte der Jury war der Ansicht, die beste investigative, also aufdeckende, Recherche sei zwei Reportern der „Bild“-Zeitung gelungen, als sie einen bemerkenswert günstigen Privatkredit an Christian Wulff öffentlich machten, was schließlich zu dessen Rücktritt als Bundespräsident führte. Die andere Hälfte der Jury wollte den Preis lieber an drei Kollegen von der „Süddeutschen“ für ihre Recherchen zu einem Korruptionsskandal bei der Bayerischen Landesbank vergeben. Also wurde der Preis zweigeteilt. Das gefiel den SZ-Kollegen nicht, weil sie nicht zusammen mit der „Bild“-Zeitung geehrt werden wollten. Dies sei „ein bisschen ein Kulturbruch“. Sie nahmen – Eklat! Eklat! – den Preis nicht an.

 

Richtige Entscheidung, falsche Begründung. Die „Bild“ hat den Preis nicht deshalb nicht verdient, weil sie die „Bild“-Zeitung ist. Eine solche Haltung entspräche jenem journalistischen Hochmut, mit der sich der SZ-Redakteur Hans Leyendecker, einer der ablehnenden Preisträger, in den letzten Jahren gerne in Szene gesetzt hat. Vielmehr ist die Zeitung nicht preiswürdig, weil der tiefe Fall des Christian Wulff ebenso Teil einer Inszenierung dieses Boulevardsblatts war wie Wulffs Aufstieg. Preiswürdiger investigativer Journalismus aber sucht nach der Wahrheit und folgt keinem populistischen Drehbuch.