Völlig überraschend haben sich China und die USA auf ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen den Klimawandel geeinigt. Dies ist ein großer Fortschritt beim Klimaschutz, kommentiert die StZ-Redakteurin Bärbel Krauß.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die internationale Klimapolitik ist mit dem Kyoto-Protokoll von 1997 in Gang, und beim gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen 2009 fast zum Stillstand gekommen. Vor fünf Jahren waren es US-Präsident Barack Obama und sein chinesischer Kollege Wen Jiabao, die die globalen Hoffnungen auf einen Klimavertrag platzen ließen. Vor Kopenhagen hoffte die Welt auf ein klimapolitisches Wunder – trotz aller harten, offenen und völlig unausgeräumten Interessengegensätze in den unterschiedlichen Teilen der Welt. In Kopenhagen musste sie ernüchtert lernen, dass politischer Fortschritt, im internationalen Maßstab zumal, nicht in Form von Wundern geschieht. Das war eine bittere Lektion. Es fehlte damals nicht viel und die Absicht, mittels globaler Anstrengungen das Ausmaß der Erderwärmung mit all ihren negativen Folgen einzudämmen, wäre aufgegeben worden.

 

Jetzt wiederum haben die USA und China gezeigt, dass im gar nicht wundersamen, sondern äußerst mühsamen und kleinteiligen Verhandlungsprozess über die eigenen, die jeweils anderen und die geopolitischen Klimainteressen Fortschritt möglich ist. Das macht die bisherigen Klimasünder nicht zu Musterknaben. Aber es schafft eine gute Grundlage für die nächsten Klimagipfel in Lima und Paris, deren Ergebnis dann endlich ein international verbindlicher Klimavertrag sein soll, den alle wesentlichen Emittenten auf der Welt mittragen. Die Chancen dafür sind jetzt deutlich gewachsen. Wenn Amerika und China sich im Kampf gegen den Klimawandel endlich in die Pflicht nehmen, werden auch Indien und andere Schwellenländer nicht abseitsstehen können.

Die Zusagen sind noch zu gering in ihrer Substanz

Die Einigung von Peking ist freilich kein Anlass, nun einem neuen Wunderglauben zu verfallen. Der Weg zu einem substanziellen Klimaabkommen bleibt schwierig. Und natürlich sind die Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen, die die USA und China gemacht haben, in ihrer Substanz zu gering. Das globale Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, ist damit noch keineswegs in greifbare Nähe gerückt. Außerdem bleibt es eine gigantische Herausforderung, das nötige Geld für den vereinbarten internationalen Klimafonds aufzutreiben. Dennoch haben wesentliche Akteure angefangen, ihre Hausaufgaben zu machen, und das ist ein Prozess, der sich ausbauen lässt.

Nachbesserungen sind gleichwohl zwingend erforderlich, und da sind nicht nur Amerika und China gefragt. In absehbarer Zukunft wird auch die EU beweisen müssen, dass sie trotz aller internen Konflikte Ernst macht mit dem Wörtchen „mindestens“ in ihrem kürzlich vereinbarten Klimaziel, bis 2030 mindestens vierzig Prozent der Emissionen einzusparen.

Die Bundesregierung bleibt vieles schuldig

Aber immerhin haben die drei Schwergewichte – die USA, China und die EU – die Weichen nun so gestellt, dass dies in einem geordneten Verfahren geschehen kann. Man sollte sich wappnen, dass es dabei noch zu empfindlichen Rückschlägen und Frustrationen kommt. Aber in Kopenhagen wurde auch der Glaube beerdigt, dass einseitige klimapolitische Vorleistungen – zum Beispiel von Europa – andernorts in gleicher Münze honoriert werden. Klüger ist es, wenn die Staaten sich gegenseitig Schritt für Schritt voranziehen.

Dabei ist allerdings auch die Bundesregierung gefordert, und die bleibt ihre wesentlichen Hausaufgaben bislang schuldig. Zwar hat das Umweltministerium seinen Entwurf für das nationale Klimaprogramm mit vielen Maßnahmen zur CO2-Verringerung gerade in die Ressortabstimmung gegeben, aber es fehlt die entscheidende Festlegung, wie Berlin es künftig mit dem Kohlestrom halten will. Wird die Stromproduktion in Kohlekraftwerken nicht reduziert, wird Deutschland sein Klimaziel 2020 meilenweit verfehlen. Bis jetzt ist der deutsche Klimaplan auf Sand gebaut.