Der Gemeinderat fährt in der Bankenpolitik einen Schlingerkurs. Das wirft die Frage auf, wer im Rathaus die Entscheidungen trifft, meint StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Drei Jahre nachdem die Stadt zusätzliche 946,6 Millionen Euro in die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gepumpt und den städtischen Anteil auf rekordverdächtige 2,3 Milliarden Euro gesteigert hat, ist eine weitere Rettungsaktion nötig. Und die Stadträte stehen vor der nächsten Gewissensentscheidung: Sollen sie durch die Wandlung der lukrativen stillen Einlagen in unattraktives Eigenkapital noch einmal 611 Millionen Euro in der Bank bunkern, wo schon heute klar ist, dass die Stadt vor allem liquide Mittel benötigt? Die Kommunalpolitiker müssen sich zudem eine gute Erklärung dafür zurechtlegen, dass sie im Falle der Zustimmung Zinsansprüche von bis zu 80 Millionen Euro in den Wind schießen würden. Die Annahme, die LBBW könnte in den nächsten Jahren durch großzügige Dividendenzahlungen diesen offensichtlichen Nachteil der Umwandlung kompensieren, ist jedenfalls sehr optimistisch.

 

LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter und OB Wolfgang Schuster haben hinter verschlossenen Türen bei den Stadträten vehement für ihre Position geworben. Das ist ihr gutes Recht. Doch es zeugt von mangelndem Respekt vor den Beteiligungsrechten der Volksvertreter, dass die Debatte über die Härtung des LBBW-Kernkapitals mit städtischen Mitteln unter großem Zeitdruck erfolgt – zumal selbst an der Rathausspitze unterschiedliche Positionen bestehen.

Im Gemeinderat ist die Verwirrung nun komplett: Die CDU, die 2009 noch für eine Kapitalspritze gestimmt hat, um den städtischen Anteil konstant zu halten, ist jetzt skeptisch. Und die Grünen, deren damaliger Chef Werner Wölfle eine mit guten Argumenten gespickte Rede gegen die Kapitalerhöhung gehalten hat, sind nun (wie die SPD) dafür. Die finanzielle Ausgangslage hat sich nicht geändert, wohl aber die politische: In Bankangelegenheiten ins Rathaus hineinzuregieren scheint nicht nur eine Unart der alten Landesregierung gewesen zu sein. Grün-rote Landesinteressen sind aber in diesem Fall nicht deckungsgleich mit denen der Kommune, woran man offenbar auch den künftigen OB Fritz Kuhn erinnern muss. Die Stadträte sollten am Donnerstag sorgsam abwägen, nach dem Motto: Suchet der Stadt Bestes.