Karlsruher Richter sehen den Grund für den Verlust der Anleger nicht in schlechter Beratung, sondern in deren risikofreudiger Geldgier, schreibt Stefan Geiger.

Karlsruhe - Durch die Pleite der US-Bank Lehman wurden allein in Deutschland 30.000 bis 50.000 Kunden geschädigt. Sie haben ihr Geld verloren, weil eine scheinbar seriöse Bank sich am großen Spiel beteiligt und verzockt hatte. Das ist der Kern.

 

Wäre Lehmann nicht pleite, kein Kunde wäre auf die Idee gekommen, mit dem Argument zu klagen, er sei beim Kauf der windigen Papiere schlecht beraten worden. Dass die Kunden ihr Geld verloren, lag nicht an der Beratung. Von der Gier aufs schnelle Geld infiziert waren nicht nur die Banken, sondern auch die Anleger.

Deshalb ist es ein bisschen scheinheilig heute zu beklagen, man sei damals nicht darüber informiert worden, dass Lehman-Zertifikate nicht vom Sicherungsfonds der deutschen Banken geschützt werden. So dumm kann kein Anleger sein.

Und deshalb ist das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs jedenfalls in den jetzt entschiedenen Fällen auch akzeptabel. Aber es löst die grundlegenden Probleme nicht.

Richter in Karlsruhe prangern schlechte Beratung an

Die Karlsruher Richter betrachten die Bankenwelt realistisch und gelten deshalb bei Geldinstituten als kundenfreundlich. Sie haben beispielsweise die heimlichen Rückvergütungen angeprangert - die "kick backs", mit denen sich die Banken goldene Nasen verdient haben - und so Geschädigten zu Geld verholfen.

Den nächsten Schritt, auch die heimlichen Rabatte anzuprangern, die die Banken beispielsweise von Lehman bekommen haben, wollen die Karlsruher nicht gehen. Man kann das nachvollziehen. Reale Marktwirtschaft funktioniert so.

Der Kern des Problems liegt tiefer. Die Karlsruher trauen sich lediglich, unzureichende Beratung zu monieren. Das Zerstörerische ist aber nicht die Beratung, es sind die so gefährlichen, aber auch so verlockenden Finanzprodukte, mit denen der Kunde so viel Geld verlieren kann - beispielsweise einst bei Lehman.