Medizinpreisträger Ralph Steinman ist vor der Bekanntgabe verstorben – eine Blamage für das Nobel-Komitee, kommentiert Klaus Zintz.  

Stuttgart - Ralph Steinman sollte in diesem Jahr zusammen mit zwei weiteren Wissenschaftlern den Medizin-Nobelpreis erhalten. Doch er ist bereits am vergangenen Freitag gestorben, also noch bevor die Ehrung gestern verkündet wurde. Nun hat sich das düpierte Komitee mit der komplizierten Frage beschäftigen müssen, ob der Preis zu entziehen sei. Denn nach den Statuen soll posthum eigentlich ja kein Forscher geehrt werden. Doch Regeln sind nicht alles, und sie sind interpretierbar. So fand sich zum Glück doch ein Weg, dem angesehenen Wissenschaftler die hochverdiente Ehre zukommen zu lassen.

 

Gleichwohl muss sich das Auswahlkomitee nun kritischen Fragen stellen. Denn der Tod des auserwählten Preisträgers kam nicht aus heiterem Himmel. Vielmehr litt er seit Jahren an einem besonders aggressiven Krebs, den er zudem mit einer selbst entwickelten Immuntherapie bekämpft haben soll. Das hätte auch den Juroren bekannt sein müssen. Darüber hinaus wird nun wohl die Diskussion über den Brauch neu entflammen, die Laureaten oft erst Jahrzehnte nach ihrer bahnbrechenden Erkenntnis zu ehren. Dafür gibt es gute Gründe – schließlich braucht es oft lange Zeit, um die Bedeutung einer Entdeckung zu erkennen. Aber in vielen Fällen wäre eine frühere Ehrung sicher angemessen.