Der Dreiergipfel von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, Frankreichs Präsident Francois Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel strotzt nur so vor Symbolik. Inhaltlich allerdings bleibt es an diesem Montag mau.

Ventotene - Die Regierungschefs von Italien, Frankreich und Deutschland sitzen in einem Boot. Gut, sie stehen. Es ist ein Kriegsschiff. Sein Name: „Garibaldi“. Es ist das Flaggschiff der EU-Operation im Kampf gegen Schleuser und Menschenhandel im Mittelmeer. Zuvor haben Matteo Renzi, Francois Hollande und Angela Merkel auf der Insel Ventotene das Grab von Altiero Spinelli besucht, einem der wichtigsten Vordenker der heutigen Europäischen Union. Lauter schreien als diese Symbolik kann auch Matteo Renzi nicht. Selbst wenn er sich Mühe gibt, wie am Vorabend dieses Gipfels, als der italienische Premierminister von einem Podium in die Zuschauerreihen und die Kameras selbstbewusst und lauthals verkündet: „Italien ist zurück an der Spitze der Europäischen Union. Dort, wo die Entscheidungen getroffen werden.“

 

Der Reformator, als der er in Italien angetreten ist, weitet sein Metier aus. Nicht nur das eigene Land, nein ganz Europa will Renzi verändern. Den Neustart eines Europas der Ideale und der Passion prophezeit er. Vorne mit dabei: Sein Italien. Für Renzi scheint der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union eine Chance – er kann nun wieder oben mitspielen. Wo Silvio Berlusconi Europa eigentlich wurscht war, ist der Reformer Renzi nun Feuer und Flamme. Es ist eine andere Energie, die heute von Italien ausgeht. Die auch von dem Gipfel an diesem Montag ausgeht. Renzi zeigt: Ich bin in der Mitte der Lenker Europas angekommen. Ein Signal – nicht vordinglich an seine Kollegen in den bald 27 EU-Staaten, sondern vor allem an die Wähler im eigenen Land. Denn wenn Renzi mal eben Europa rettet, hilft ihm das vielleicht auch Innenpolitisch.

Druck lastet auf Renzi – da tun solche Bilder gut

Der Druck, der derzeit auf Renzi lastet, ist enorm. Da tun solche Bilder gut. Das Machtgehabe hat einen tieferen Sinn: Innenpolitisch steht sein Meisterwerk, die Verfassungsreform, auf der Kippe – im Herbst soll das Volk darüber abstimmen. Dass er mit der Verquickung des Ausgangs des Referendums mit dem eigenen politischen Schicksal mächtig daneben gegriffen hat, hat er zwar eingesehen. Ob sich das aber so leicht, wie Renzi es angeht, wieder einfangen lässt, wird sich zeigen. Gerade ruderte er kleinlaut zurück und verkündete: Egal, wie das Referendum ausgehe, Wahlen werde es erst 2018 geben. Seine Hoffnung: Bis dahin zeigen seine Reformen Wirkung, bis dahin sinken die Umfragewerte seines stärksten Konkurrenten, der Fünf-Sterne-Bewegung wieder. Renzi will seinen neu gewonnen Platz im Kreis der Mächtigen Europas so schnell nicht wieder aufgeben. Auch das zeigen die Bilder von diesem Dreier-Gipfel.

Was sie nicht zeigen: Das drängendste Thema zwischen den Dreien wird – zumindest in den offiziellen Statements – lieber umschifft. An diesem Montag sollte es um die Einheit Europas, um den Traum EU gehen. Da haben Streitigkeiten um den Haushalt und die wirtschaftliche Situation Italiens nichts zu suchen. Das schmückt nicht. Genau so wenig wie die aktuellen Zahlen die Regierung Renzi: Im zweiten Quartal dieses Jahres ist die Wirtschaft Italiens im Vergleich zum Quartal davor überhaupt nicht gewachsen, im Vergleich zu 2015 nur um 0,7 Prozent. Renzi hofft auf einen weiteren – den dritten – Aufschub der EU beim Erreichen der vorgegebenen Ziele für die Sanierung seines Staatshaushaltes. Der Wunsch des Italieners nach mehr Flexibilität was das Staatsdefizit angeht, kommt zumindest bei Merkel gar nicht gut an.

Neben all den Symbolen, die von Ventotene aus in die Welt gebrüllt werden, bleiben die inhaltlichen Errungenschaften dieses Treffens mau. Wie sollte es auch anderes sein. Auch wenn sich die drei Großen Europas einig sind, was die Richtung Europas angeht – so einfach funktioniert die EU der bald 27 nicht. Europa, das heißt vor allem Kompromisse finden. Das weiß auch Renzi. Optimismus und Werte hin oder her.