Ein Antrag, die NPD zu verbieten, ist nur sinnvoll, wenn er gründlich vorbereitet ist. Zu diesem Schluss kommt StZ-Redakteur Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Ausgerechnet der deutsche Staat fördert rechtsradikale Propaganda, fremdenfeindliche Hetze, antisemitische Parolen. Er finanziert eine Politik, welche die Werte schmäht, auf denen er gründet – eine Politik, die dem Grundgesetz Hohn spricht. Das ist so, seit es die NPD gibt und sie auch zu Wahlen antreten darf. Der braune Ungeist, den sie repräsentiert, wird mit Steuergeld bezuschusst. Solange diese rechtsextremistische Partei den Schutz der Legalität genießt, hat sie auch Anspruch auf öffentliche Subventionen. Im vergangenen Jahr erhielt sie mehr als eine Million Euro aus der Bundeskasse. Das muss jeden Demokraten empören.

 

Doch warum ist diese unerträgliche Partei noch nicht verboten? Spätestens seit dem 4. November 2011 stellt sich diese Frage erneut mit aller Dringlichkeit. Damals wurde offenbar, dass Neonazis aus schlichtem Fremdenhass über Jahre hinweg Menschen ermordet haben. Und das mitten in Deutschland. Ihre Blutspur ist ein Schandmal für unsere Republik. Inzwischen gibt es Indizien, die dafür sprechen, dass die Terrorbande, die hinter der Anschlagserie steckt, aus der NPD heraus unterstützt wurde. Zudem ist offenkundig, welche zentrale Rolle diese Partei für die Subkultur spielt, der die Mörder entstammen.

Die Debatte über das Verbot zieht sich in die Länge

Der Staat hatte diese Variante des Terrorismus offenbar sträflich unterschätzt. Jedenfalls konnten Polizei und Verfassungsschutz die Mordserie weder verhindern, noch wurde der ideologische Hintergrund rechtzeitig erkannt. Inzwischen ist vieles passiert. Es gab eine würdevolle Gedenkfeier für die Opfer, ihre Angehörigen werden entschädigt. Drei Untersuchungsausschüsse bemühen sich, Ermittlungspannen und eventuelle Versäumnisse der Sicherheitskräfte aufzuklären. Die Behörden haben aufgerüstet. Neonazis und ihre Hintermänner werden registriert und intensiver beobachtet. Aber die Debatten über ein Verbot der NPD scheinen sich in die Länge zu ziehen. Die Innenminister sind sich ungeachtet ihrer aktuellen Beschlüsse noch keineswegs einig. Das ist nicht verwunderlich, denn schon einmal ist der Versuch misslungen. Das Fiasko 2003, als Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat mit ihrem Verbotsantrag vor dem Verfassungsgericht scheiterten, war ein Trauma für den Rechtsstaat. Eine erneute Pleite wäre ein Albtraum. Das würde die Nazis von heute nur stärken, jedenfalls ermutigen.

Es gibt gute Gründe für einen neuerlichen Verbotsantrag, aber keinen Anlass zu unziemlicher Eile. Hehre Absichten allein werden die Verfassungsrichter kaum überzeugen. Es bedarf stichhaltiger Beweise, die zudem nicht von Spitzeln des Verfassungsschutzes stammen dürfen. Das erste Verbotsverfahren ist gescheitert, da der Verdacht aufkam, die Führungsgremien der NPD seien dermaßen von staatlich entlohnten Informanten durchsetzt, dass die Neonazipartei letztlich ferngesteuert sei.

Übereilte Beschlüsse helfen nicht weiter

Es wäre fatal, wenn sich dieser Eindruck nicht ausräumen ließe. Noch sind aber nicht alle V-Leute auf heiklen Posten kaltgestellt. Und wenn es so weit sein sollte, wird die Lage kaum einfacher. Ohne Zuträger aus den innersten Zirkeln der NPD wird es schwer, gerichtsfeste Belege für deren „aggressiv-kämpferische“ Umtriebe gegen Rechtsstaat und Verfassung zu beschaffen. Das wird zumindest einige Zeit benötigen. Sorgfalt ist dabei das oberste Gebot.

Es geht jetzt nicht darum, Bedenken zu sammeln. Doch mit schlichter Symbolpolitik ist keinem geholfen – auch wenn das manche Akteure noch nicht begriffen haben, die sich mit vorschnellen Forderungen in Szene setzen. Die Risiken eines Verbotsverfahrens kleinzureden wäre naiv. Das nützt nur den Falschen. Ein neuer Verbotsantrag ist nur dann zu verantworten, wenn er tatsächlich zu einem Verbot führt. Dies lässt sich im Moment noch nicht bewerten. Der Bundesinnenminister hat recht, wenn er sich übereilten Beschlüssen widersetzt.