Der Münchner NSU-Prozess wird verschoben. Das macht die Blamage für die Münchner Richter noch größer. Ob sie ein besseres Verfahren finden, ist offen. Und der Kern des Verfahrens gerät aus dem Blickpunkt, meint Stefan Geiger.

Stuttgart - Den NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe zu verschieben ist eine Zumutung für alle Beteiligten. Dies gilt vor allem für die Angehörigen der Opfer, die Urlaub genommen, Fahrkarten bezahlt und Unterkünfte gebucht hatten, um als Nebenkläger in München präsent sein zu können. Dies gilt für die Anwälte, die als Verteidiger oder Nebenklägervertreter tätig sind, dies gilt nicht zuletzt für das Gericht selbst, dessen sorgfältig ausgearbeiteter und eng getakteter Ablaufplan bereits vor Prozessbeginn Makulatur ist.

 

Akkreditierung war von Anfang an unglücklich gelaufen

Die Verschiebung ist nicht nur ärgerlich, sie ist auch unnötig. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Ende vergangener Woche Änderungen bei der Akkreditierung der Journalisten vorgeschrieben. Aber die Karlsruher Richter hatten den Münchner Kollegen den Fingerzeig gegeben, es reiche aus, nachträglich drei Plätze an türkische Medien zu vergeben. Das wäre auch bis zum geplanten Prozessbeginn morgen möglich gewesen. Man kommt nicht umhin, den Münchner Richtern Sturheit und Rechthaberei vorzuwerfen.

Die Akkreditierung der Journalisten war von Anfang an unglücklich gelaufen. Das Münchner Gericht hatte die nur 50 Plätze für Journalisten im „Windhundverfahren“ verteilt, also in der Reihenfolge der Anmeldungen nach der – für viele überraschenden – Akkreditierungseröffnung. Dabei hatte es eine Panne gegeben, die dazu führte, dass einzelne Medien, darunter auch türkische, 20 Minuten später informiert wurden als andere. Im Ergebnis bekam kein türkisches Medium einen festen Platz – obwohl acht der zehn NSU-Opfer türkischer Herkunft waren. Genau das hat das Bundesverfassungsgericht (im Eilverfahren, noch nicht abschließend) gerügt.