Die Verwaltung erweckt nach wie vor nicht den Eindruck, die Altstadt in Stuttgart retten zu wollen. Dabei könne man schon mit stärkeren Kontrollen und einer städtebaulichen Aufwertung etwas Abhilfe schaffen, kommentiert der StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - „Die wollen sie gewiss nicht sehen“, hat unlängst ein Ortskundiger die Frage eines Touristenpärchens aus Dresden nach dem Weg zu Stuttgarts historischer Altstadt negativ beschieden. Nicht, dass es rund um die Leonhardskirche keine verwinkelten Gassen, windschiefe Häuser, nette Läden oder Cafés gäbe; das Erscheinungsbild prägen allerdings dem Verfall preisgegebene, denkmalgeschützte Gebäude, die Leuchtreklame von Animierbars, heruntergekommene Stundenhotels, vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen.

 

Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung haben dieses Armutszeugnis schon vor Jahren abgezeichnet. Sie bedauern die Situation – und verweisen auf den Bundesgesetzgeber, auf die komplizierte Rechtslage und langwierige Auseinandersetzungen mit skrupellosen Hauseigentümern, Bordellbesitzern und deren aalglatten Anwälten. Auch OB Fritz Kuhn hat sich vor Ort ein Bild gemacht – damals in seinem eigenen Wahlkampf. 20 Prozent seiner Amtszeit sind nun verstrichen, ohne dass sich etwas zum Besseren verändert hätte, lässt man den verkehrsbeschränkenden Poller an der Leonhardstraße außen vor.

Das ist erstaunlich wenig, wenn man bedenkt, dass allein schon stärkere Kontrollen und eine städtebauliche Aufwertung Abhilfe versprechen würden. Es lässt sich aber weder eine Zusammenarbeit an der Rathausspitze ausmachen noch die Absicht, mutig durchzugreifen. Kuhn muss klare Kante zeigen – nach außen und innen.