Die Affäre um den CSU-Sprecher Strepp offenbart nicht nur ein seltsames Verständnis von Pressefreiheit in Bayern. Sie zeigt auch eine ungute Tendenz im Verhältnis von Politikern und Journalisten, meint der StZ-Redakteur Mirko Weber.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Hans Michael Strepp ist als Pressesprecher der CSU zurückgetreten. Reden wir trotzdem – oder gerade deswegen – über Stil und Linie im Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten. Da greift einen Tag nach dem recht kraftmeierisch abgehaltenen CSU-Parteitag der Pressesprecher Hans Michael Strepp zum Mobiltelefon, um bei der ARD per SMS zu fragen, was denn an Berichterstattung vom Sonderparteitag der SPD in Nürnberg geplant sei. Zwischenfrage: Was ginge ihn das an? Auch zum ZDF nimmt er Verbindung auf und redet mit einem Redakteur von „heute“. Was genau besprochen worden ist, bleibt strittig. Strepp, laut ihm selbst und CSU-Chef Horst Seehofer ohne höheren Auftrag unterwegs, versteht den Anruf im Nachhinein als einen Akt der „Kontaktpflege“, wahrscheinlich ist auch Profilierungsstreben im Spiel. Das ZDF jedenfalls registriert versuchte Einflussnahme.

 

Man mag darüber diskutieren, ob es sich in Strepps Fall um einen fundamentalen Anschlag auf die Pressefreiheit im Freistaat Bayern handelt. Ohne Zweifel jedoch offenbart sich ein fast überwunden geglaubter Zug im Machtgefüge der CSU, die sich neuerdings wieder sehr zugutehält, dass sie das Land, wie es ist, eigentlich erfunden hat. Wenn man sich diese verquere Logik zu eigen macht, kommt einem Strepps Ansinnen, er könne auch beim nationalen Fernsehen ein wenig mitbestimmen, wie dort über die politische Konkurrenz zu berichten wäre, schon fast wieder einleuchtend vor. Zwar hat Horst Seehofer im Rahmen des notwendigen Selbstschutzes sofort beteuert, dass ein solches Verhalten „inakzeptabel“ sei und weder „Stil noch Linie“ der CSU widerspiegle, doch der Ministerpräsident weiß nur zu gut, dass solche Gepflogenheiten des Einflüsterns früher ganz selbstverständlich zum Repertoire seiner und anderer Parteien gehörten.

Die Substanz der Medien ist aber weniger das Medium, sondern der Journalismus dahinter: Reporter, Fotografen, Redakteure und Webproducer, hat der frühere Chefredakteur der „New York Times“, Bill Keller, gesagt, machten das Produkt aus. Und weil das in der medialen Vielschichtigkeit so ist, wird es immer wichtiger, auf welcher Grundlage diese Beschäftigten arbeiten. Im Verhältnis von Journalisten zu Politikern hat sich in den letzten Jahren schleichend einiges geändert. Unverkennbar ist die Tendenz seitens der Politik, die Grenzen zwischen den Handelnden und den Analysierenden, sagen wir, weicher zu gestalten. Nicht selten macht sich, gerne zum Beispiel in sogenannten Hintergrundgesprächen, eine Stimmung breit, die suggeriert, dass eigentlich doch alle in einem Boot säßen. Sozusagen. Schreiben von Institutionen – auch die des ZDF im Übrigen – richten sich verdächtig oft an die sogenannten Medienpartner. Die wir nicht sind – solange verantwortungsvolle Verleger es umgedreht ermöglichen, gänzlich interessenfrei aufzutreten.

Journalismus braucht Haltung

Ein Journalismus mit Haltung – und Haltung ist nun mal das herausragende Merkmal des viel zitierten Qualitätsjournalismus – sollte sich weder auf die Bootspartie mit Politikern noch auf irgendeine Partnerschaft einlassen, schon gar nicht auf welche mit Pressesprechern, die ja ihr Personal immer „verkaufen“ müssen. Guter politischer Journalismus lebt von der genauen Beobachtung, von unbequemen Fragen und von der Distanz zum jeweiligen System, was im Übrigen auch für andere Bereiche der Berichterstattung gilt.

Hans Michael Strepp indes ist auch nach seiner Demission noch der Ansicht, dass es zu seinen „allgemeinen Aufgaben als Pressesprecher“ der CSU gehört habe – sagen wir, wie es ist –, Manipulation zu betreiben. Das spricht nicht für ihn und weiß Gott nicht für die CSU. Sein Ansinnen lässt allerdings auch grundsätzlich tief blicken, was Macht, Medien und Meinungsmache angeht. Wehret solchen Zuständen!