Der Widerstand gegen Stuttgart 21 gleitet ab. Jetzt fliegen beim Neujahrsempfang der grün-roten Landesregierung Schuhe durch die Lüfte. Eiin Kommentar von Reiner Ruf.

Stuttgart - Der Winter hat noch immer nicht zu sich selbst gefunden, da durchstreift schon ein sommerlicher Espandrillo die vergleichsweise lauen Lüfte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ein kompakter Winterstiefel das Nasenbein von Winfried Kretschmanns Bodyguard geknackt hätte. Notarzt, Blaulicht und ein entschlossen dreinblickender Staatsanwalt wären unabweisbar geworden, hätte der Mann ernsten Schaden genommen.

 

Ganz zu schweigen von der öffentlichen Aufmerksamkeit, die ein Einschlag im Antlitz des Ministerpräsidenten erfahren hätte. Nein, es handelte sich nicht um Proteste gegen einen bigotten arabischen Potentaten, sondern um den Neujahrsempfang der grün-roten Landesregierung.

"Abriss verhindern statt Sekt schlürfen, Herr Kretschmann"

Die Latschenwürfe zeigen, dass der einst aufrechte Protest gegen Stuttgart 21 nach der Volksabstimmung in Gefahr läuft, ins Wunderliche abzugleiten. Dazu gehört das Motto, das Parkschützer Matthias von Herrmann für die Demonstration ausgab: "Schaden abwenden und Abriss verhindern statt Sekt schlürfen, Herr Kretschmann!" Sekt wurde im Neuen Schloss tatsächlich gereicht - durchweg an Gäste, die sich selbstlos und in ehrenhafter Weise für die sozialen Belange ihrer Mitmenschen einsetzen. Am Ende bleibt die befreiende Erkenntnis, dass sich in diesem Land jedermann blamieren kann, ganz wie es ihm beliebt.