Ein eigenes Auto ist nicht mehr für alle jungen Menschen auf der Prioritätenliste ganz oben. Heute bestellt man sich bei Bedarf einen Wagen im Internet, meint StZ-Redakteur Wolfgang Schulz-Braunschmidt.

Stuttgart - Dass Jugendliche vor allem in Städten nicht mehr so stark wie früher aufs Auto abfahren, hat sich bereits herumgesprochen. Laut Studie „Jugend und Automobil 2010“ interessieren sich fast 30 Prozent nicht mehr für das frühere Statussymbol. In New York besitzen mehr als die Hälfte der Einwohner kein eigenes Auto mehr, im Wolkenkratzerbezirk Manhattan sind es sogar 75 Prozent.

 

Dass sich dieser Trend auch in der Autostadt Stuttgart so ausgeprägt zeigt, kann eigentlich nicht überraschen. Denn die Abkehr der Jugend hängt eng mit den in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Kosten für den Kauf und den Unterhalt der fahrbaren Untersätze zusammen. Die Zeiten, in denen man noch für ein paar Hunderter einen gebrauchten VW-Käfer oder eine Ente bekommen konnte, sind längst vorbei. Verschärft durch die Abwrackprämie sind für junge Leute bezahlbare Gebrauchtwagen kaum noch zu bekommen.

Schwierige Parkplatzsuche

Hinzu kommt, das die Parkplatzsuche fürs eigene Gefährt stets mit Stress verbunden ist. Als umweltfreundliche und bequeme Alternative nutzen immer mehr Jugendliche auch in Stuttgart lieber den gut ausgebauten Nahverkehr. Schließlich halten Bus und Bahn so gut wie an jeder Ecke. Diese Entwicklung zeigt, dass die Formel „18 Jahre, Führerschein, eigener Wagen“ nicht mehr stimmt.

Statt für Benzin geben viele junge Leute ihr begrenztes Budget lieber für eine Wohnung, für modische Kleidung und ein schickes Smartphone aus. Wer in der Stadt dazugehören und den Anschluss an seine Clique und zur jungen Szene nicht verlieren will, der braucht eine Flatrate und Facebook, aber kein Auto. „Jugendliche sind nicht an Produkten, sondern an Erlebnissen interessiert“, sagt der französische Trendforscher François Bancon.

Kindersitze als wichtigstes Zubehör

Auch in der Familiengründungsphase zwischen 25 und 35 Jahren haben viele Zeitgenossen inzwischen ein recht pragmatisches Verhältnis zum Auto: Bei Bedarf mieten sie eben ein passendes Gefährt. Nicht von ungefähr gelten beim Stuttgarter Carsharing-Anbieter Stadtmobil inzwischen Kindersitze als wichtigstes Zubehör.

Den Trend zum Gelegenheitsauto hat auch das Haus Daimler erkannt, das bald in Stuttgart eine aus 300 Elektro-Smart bestehende Mietwagenflotte auffahren lässt. Denn viele klicken sich bei Bedarf ein Auto im Internet – einfach mit der App auf dem Smartphone. Statt meist nur herumstehender blecherner Statussymbole ist maßgeschneiderte Mobilität gefragt.