Für die Wirtschaftsregion Stuttgart mit ihren auf die S-Bahn angewiesenen Pendlern geht der Nahverkehr vor. Die Projektpartner von Stuttgart 21 sollten deshalb über Trassenvarianten auf den Fildern nachdenken. Ein Kommentar von Sascha Schmierer.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Stuttgart - Vielleicht haben die Bahnexperten aus Dresden bei ihrer Studie zu den Auswirkungen von Flughafenbahnhof und Fildertrasse ja einfach nur falsch gerechnet. Bei einem Verkehrsprojekt von dieser Größenordnung kann es theoretisch schon sein, dass auch Wissenschaftlern mal ein Fehler unterläuft – sei es nun wegen mangelnder Ortskenntnis oder weil dem unabhängigen Institut der Technischen Universität eben doch Detailwissen zu der hochkomplexen Materie fehlt.

 

Gut möglich also, dass die Verkehrsstrategen der Bahn die nicht von Projektgegnern, sondern von der Stadt Leinfelden-Echterdingen in Auftrag gegebene Expertise bei der Erörterung zerpflücken – und sich die Aufregung um die bewusst erst kurz vor dem Auftakt vorgelegte Studie als Sturm im Wasserglas entpuppt.

Bisher halten die Projektpartner an ihren Plänen fest

Möglich ist aber auch, dass die Verkehrswissenschaftler bei der Betriebssimulation den Finger in exakt die richtige Wunde gelegt haben – und die Bahn in den nächsten Wochen in erhebliche Erklärungsnot gerät. Dass wegen eines Großprojekts für den Fernverkehr die Pünktlichkeit der S-Bahn weiter aus dem Takt gerät, wäre nicht hinnehmbar – und ein weiterer Grund für die Projektpartner, sich zu fragen, ob sie trotz unübersehbarer Schwächen an der vorgelegten Linienführung festhalten wollen.

Bei aller Liebe zu einer europaweit bedeutenden Hochgeschwindigkeitstrasse darf in einer Wirtschaftsregion wie Stuttgart mit ihren zigtausend auf den Nahverkehr angewiesenen Berufstätigen ein zuverlässiger Nahverkehr nicht wegen S 21 auf dem Abstellgleis landen. Übrigens hat kein Geringerer als Vorstand Volker Kefer klargestellt, dass negative Folgen für den Schienenkonzern nicht in Frage kommen. „Die S-Bahn wird weiterhin unbeeinträchtigt im Betrieb sein“, versprach er bei der S-21-Schlichtung. Die Bahn steht im Wort.

Ist der Schienenverkehr zusätzliche Millionenbeträge wert?

Schon jetzt allerdings geben die offenen Fragen aus dem Gutachten dem Ruf nach Alternativkonzepten neue Nahrung. Der Fernbahnhof unter der Flughafenstraße und die Entzerrung von Fernzügen und S-Bahn-Gleisen würden Millionensummen verschlingen. Die Diskussion, ob ein funktionierender Schienenverkehr dieses Geld nicht wert ist, muss jetzt geführt werden.