Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi kritisiert, dass es in Stuttgart zu viele Großinvestoren gibt. Er regt an, dass sich Bürger mehr in den Städtebau einbringen. Ein Kommentar von StZ-Redakteur Sven Hahn.

Stuttgart - Intensiv wie selten wird in Stuttgart über Stadtentwicklung diskutiert. Die Anlässe für die Debatte sind kolossal, doch schon wenige Stichworte genügen, um sie zusammenzufassen: Stuttgart 21, Milaneo, Gerber, Marktplatz, Wohnungsmangel, explodierende Mietpreise. Angesichts der geballten Großprojekte und der Umwälzungen, die die Bürger in der Landeshauptstadt dadurch zu bewältigen haben, ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, dass sie sich aktiv an der Weiterentwicklung ihrer Heimat beteiligen.

 

Peter Conradi, der ehemalige Präsident der Bundesarchitektenkammer, hat einen Gegenentwurf zum anonymen Großinvestor gezeichnet. Er stellt sich einen Immobilienfonds vor, der von den Bürgern getragen wird – womöglich gemeinnützig organisiert. Wer sich finanziell im eigenen Umfeld engagiert, hat ein höheres Interesse an der städtebaulichen und architektonischen Qualität der Bauten als ein fremder Finanzinvestor, so Conradis Argumentation.

Wie eine solche Institution am Ende genau geordnet und strukturiert werden kann, wie sie sich zusammensetzt, wer an der Spitze stehen könnte und ähnliche Fragen lassen sich klären. Viel wichtiger ist die Grundidee des engagierten Stadtbürgers.

Fest steht: die vielen Bauprojekte im Größtmaßstab haben eine Vielzahl der Menschen in Stuttgart geschockt und verloren oder empört zurückgelassen. Dass daraus Argwohn oder gar Protest erwächst, ist wenig verwunderlich. Nun geht es darum, diese Energie in gestalterische Bahnen zu lenken. Eine bürgerschaftliche Organisation als Gegenentwurf zum Großinvestor und als neue Macht auf dem Immobilienmarkt wäre ein guter Anfang.