Der Sudan lässt überraschend die zum Tode verurteilte Christin Meriam Ibrahim gehen – und setzt damit ein positives Zeichen, kommentiert StZ-Korrespondent Johannes Dieterich.

Johannesburg - Ein kleiner Lichtblick in dem ansonsten stockfinsteren Kaleidoskop der derzeitigen Welt. Die zum Tode verurteilte Christin Meriam Ibrahim durfte den Sudan verlassen – also den von den USA mit Sanktionen belegten „Schurkenstaat“, dessen Präsident vom Strafgerichtshof in Den Haag wegen Völkermordes angeklagt ist. Schlimm genug, dass es überhaupt zu dem wahnwitzigen Urteil kam, könnte man einwenden: ein Vorwurf, der auf den hasserfüllten Vater Meriam Ibrahims wie den gnadenlosen Scharfrichter zutrifft. Doch dass die Geschichte von ganz oben angezettelt war, ist auszuschließen. Dem Regime in Khartum haben solche Peinlichkeiten noch nie gepasst.

 

Wiederholt kam es vor, dass die Machthaber die Entscheidung eines besonders beflissenen Scharia-Richters in den Wind geschlagen haben. Man muss deshalb jetzt nicht den Sudan als Hort der Menschlichkeit preisen oder seinen Präsidenten zum Heiligen erklären. Man sollte jedoch die Gelegenheit ergreifen, die in den vergangenen Wochen angestaute Empörung etwas abkühlen zu lassen: Es ist eben nicht „der böse Muslim“ oder der „inhumane Islam“, der zu derartigen Entgleisungen führt. Es sind – wie auf der christlichen oder jüdischen Seite – Individuen, die entweder zu wünschen übrig lassen oder zur Hoffnung Anlass geben.