Die „Montagsdemos“ gehen vorerst weiter.  Politiker werden allerdings kaum noch dabei sein, meint der StZ-Redakteur Thomas Borgmann.

Stuttgart - Der „Große Ratschlag“, den das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 im Rathaus der Landeshauptstadt veranstaltet hat, ist wieder einmal eine markante Demonstration gewesen. Nicht alle, die daran teilnehmen wollten, wurden eingelassen – die Aktivisten aus den verschiedenen Parteien, Initiativen und Organisationen, die das Bündnis bilden, saßen dicht gedrängt. Eine Woche nach der verlorenen Volksabstimmung stand die Zukunftsfrage zur Debatte. In den Diskussionen gingen die Ansichten erwartungsgemäß auseinander: Die einen raten dazu, die „Montagsdemo“ aufzugeben, die anderen rufen trotzig „Jetzt erst recht!“ Bis zum Januar gehen die Demonstrationen aber auf jeden Fall weiter.

 

Eines lässt sich ebenfalls abschätzen: Die Grünen und die Sozialdemokraten, deren gemeinsame Landesregierung die Volksabstimmung durchgesetzt hat, werden im Aktionsbündnis künftig keine große Rolle mehr spielen. Ihnen schlägt jetzt die mehr oder minder harsche Kritik vieler Aktivisten entgegen, namentlich der politisch deutlich links stehenden Initiativen innerhalb wie außerhalb des Bündnisses. Am Wochenende haben Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann weitere Demonstrationen gegen das Projekt für „überflüssig und nicht zielführend“ erklärt.

Das Aktionsbündnis wird schrumpfen

Alles deutet darauf hin, dass das Aktionsbündnis nach der für seine Aktivisten bitteren Niederlage kleiner werden wird. Umso mehr dürften die Verbliebenen noch enger zusammenrücken. Ihr Augenmerk richtet sich nun auf zweierlei: Zum einen auf die kritische Frage nach der Finanzierung des Bahnprojekts, zum anderen auf die Tage Anfang Januar, an denen die Bahn mit dem Abriss des Südflügels und mit dem Fällen der Bäume im Schlossgarten beginnen will. Ohne den massiven Widerstand von Projektgegnern wird das nicht abgehen. Ausgerechnet zum selben Zeitpunkt, am 9. Januar, will OB Wolfgang Schuster öffentlich erklären, ob er im Herbst 2012 noch einmal antritt – oder auch nicht. Da stehen mit Sicherheit weitere turbulente Tage zu erwarten.

Trotz der Zusammenkunft und der 102. „Montagsdemo“, die am Montag auf dem Arnulf-Klett-Platz stattfindet, bleibt die Zukunft des Aktionsbündnisses noch einige Zeit ungewiss. Alle zwölf bisher daran beteiligten Gruppen und Initiativen müssen, jede für sich, entscheiden, wie es für sie weiter gehen soll: Wer wird das Bündnis verlassen, wer bleibt dabei, wer wird womöglich neu hinzukommen? Wie auch immer – das Thema Stuttgart 21 verschwindet nicht von der politischen Tagesordnung. Der „Große Ratschlag“ vom Sonntag wird nicht der letzte gewesen sein.