Der Durchschlag einer Röhre für Stuttgart 21 taugt kaum, alten Streit wieder aufflammen zu lassen. Manche Wortwahl ist unterirdisch, meint StZ-Autor Christian Milankovic

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Das zu Ende gehende Jahr hat für die S-21-Bauer und die Befürworter der milliardenschweren Neuordnung des Stuttgarter Bahnknotens ein stetes Auf und Ab bereit gehalten. Im Frühsommer räumte die Projektgesellschaft nach einer Bewertung des bisher Geleisteten ein, dass sie stellenweise bis zu zwei Jahre hinter dem selbst gesteckten Zeitplan hinterherhinkt. Den daraufhin Morgenluft witternden Projektgegnern setzte die Bahn aber im September den Grundstein für den Durchgangsbahnhof vor die Nase – wohl auch, um zu zeigen, dass sie weiterhin wild entschlossen ist, das Projekt trotz aller Bedenken durchzuziehen.

 

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Projektbefürworter aber schon wieder alle Hände voll zu tun, die vom Bundesrechnungshof prognostizierten Gesamtkosten von knapp zehn Milliarden Euro zu erklären und zu relativieren – ehe gegen Ende des Jahres Bedenken wegen der Risiken laut wurden, die sich beim Bau durch die Gesteinsformation des Anhydrit ergeben können. Wer wollte es der derart getriebenen Bahn also verdenken, dass sie das Erreichen eines Etappenziels beim Bau des Cannstatter Tunnels auch feiert? Dass sich zu diesem Zweck Bahnchef Rüdiger Grube abermals nach Stuttgart bemüht, darf als Zeichen an die Macher vor Ort gewertet werden, die von der Aussage ihres Chefs vor wenigen Wochen kalt erwischt wurden, er würde Stuttgart 21 in dieser Form nicht mehr bauen wollen.

Fragwürdige sprachliche Anleihen

Richtig ist: Von den knapp 60 Kilometer Tunnel unter Stuttgart sind derzeit erst knapp 40 Prozent vorangetrieben. Richtig ist auch: Der Durchbruch am Kriegsberg ist erst ein Teilerfolg, viele weitere Tunnelkilometer sind noch zu bohren. Festzustellen bleibt aber auch: Zu Militärrhetorik zu greifen und wie der oberste S-21-Gegner Eisenhart von Loeper von Blendgranaten im Zusammenhang mit der Durchstichfeier zu sprechen, ist unterirdisch. Also geradewegs so, wie die Projektkritiker den Umbau des Bahnknotens finden.