Fredi Bobic hat bis zuletzt um sein Amt gekämpft, doch genützt hat es nichts. Der Sportvorstand des VfB Stuttgart ist entlassen worden. Doch damit sind keineswegs alle Probleme gelöst, meint der StZ-Sportredakteur Carlos Ubina.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Fredi Bobic hat gekämpft. Bis zuletzt hat er versucht, all die Kritik, die auf den VfB Stuttgart eingeprasselt ist, mannhaft auf sich zu nehmen. Abgeprallt ist sie an ihm aber nicht mehr. Bobic wirkte dünnhäutig, weil er von den Zuschauerrängen immer öfter „Bobic-raus“-Rufe ertragen musste; weil er auch spürte, dass er im Verein zusehends isoliert war.

 

Nicht zuletzt der Aufsichtsrat hat dafür gesorgt, dass zum öffentlichen auch ein innerer Druck kam. So sah sich der Präsident Bernd Wahler gezwungen, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und den Sportvorstand des Fußball-Bundesligisten freizustellen. Endlich. Denn Wahler hat lange geschwankt – zwischen der Loyalität, die er gegenüber Bobic verspürte, und der Erkenntnis, dass mit diesem Manager keine Wende zum Guten mehr möglich war.

Menschlich ist das Zögern nachvollziehbar. Schließlich gäbe es ohne den Manager Bobic den Präsidenten Wahler beim VfB nicht. Bobic war es, der in lähmenden Zeiten den Machtkampf aufnahm und den Präsidenten Gerd Mäuser sowie den Aufsichtsratschef Dieter Hundt aus ihren Ämtern drängte. Ohne die ungeliebten Funktionäre sollte alles besser werden.

Die Chance auf einen Neuanfang wurde verpasst

Doch Bobic hat vor knapp eineinhalb Jahren auch die Strippen gezogen, um seine eigene Position zu stärken. Spätestens mit dem Versuch, im vergangenen Frühjahr seinen alten Kumpel Krassimir Balakov im Abstiegskampf als neuen Trainer zu installieren, hat ihn aber sein Machtinstinkt verlassen. Extern wie intern war dieses Vorgehen für viele ein K.o.-Kriterium.

Drei Trainer benötigte der VfB letztlich, um in der vergangenen Saison den Klassenverbleib zu sichern. Als anschließend die Möglichkeit bestand, sich von Bobic zu trennen und mit Armin Veh als Chefcoach auf der sportlichen Kommandobrücke einen kompletten Neuanfang zu wagen, da ließ der Club diese Chance verstreichen.

Jetzt läuft die Saison schon wieder schlecht an, und die Trennung kommt spät. Zu spät. Doch es scheint ein Handlungsmuster des VfB zu sein, notwendige Maßnahmen nicht rechtzeitig einzuleiten und unliebsame Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben. Das war beim Bau des reinen Fußballstadions so und ist nun bei der geplanten Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Gesamtverein nicht anders. Die Stuttgarter hinken der Konkurrenz hinterher – und müssen sich deshalb nicht wundern, dass sie sportlich abgehängt werden. Auch von Clubs, die weitaus weniger Geld zur Verfügung haben.

Die Ansprüche sind auf null gesunken

Der SC Freiburg, Mainz 05 oder auch der FC Augsburg sind da zu nennen. Aber ebenso Borussia Mönchengladbach – alles Bundesligisten, die aus ihren Möglichkeiten zuletzt mehr gemacht haben als der VfB. Der Hinweis auf die Schwierigkeiten der einst erfolgreichen Traditionsclubs, die sich mit überhöhten Erwartungen auseinanderzusetzen hätten, hilft da nur wenig. Die Ansprüche sind in Stuttgart längst auf null gesunken. Eine Saison ohne Abstiegsangst würde den meisten schon genügen.

Bobic die Schuld an der Gesamtmisere des Vereins anzulasten, wäre jedoch ungerecht. Er trägt vor allem die Verantwortung für einen Kader, der wie ein Puzzle mit den falschen Teilen wirkt. Da mag die vermeintliche Qualität der Einzelspieler noch immer den Blick auf die Realität trüben, als Mannschaft passt das Gefüge jedenfalls nicht. Die sportlichen Antworten muss nun Armin Veh mit einem neuen Manager finden. Doch kurzfristig brauchbare Ergebnisse garantieren noch lange keine langfristig verheißungsvolle Entwicklung. Der VfB braucht nicht nur Siege, sondern ebenso einen Mann, der es versteht, Personalpolitik mit Weitblick zu betreiben – und der in der Krise ein Betriebsklima erzeugt, in dem Spieler besser werden. Die Voraussetzungen in der Struktur muss aber Bernd Wahler schaffen. Dafür wird der Präsident lange und hart kämpfen müssen.