Der VfB Stuttgart wechselt den Trainer. Doch damit sind längst nicht alle Probleme gelöst. Die Ein-Mann-Show des Sportdirektors Fredi Bobic muss ein Ende haben, meint der StZ-Sportchef Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Es war einmal ein Fußballverein, der hatte ganz tolle Ideen. So holte der nette Präsident zum Beispiel einen netten Trainer, der perfekt zum neuen Image passte: Der Coach hatte selbst im Verein gespielt und brachte unter anderem die Empfehlung mit, die eigenen B-Junioren gerade zur Meisterschaft geführt zu haben. Das vom Präsidenten für die Profimannschaft ausgegebene Jugendkonzept war also in den besten Händen. Nicht nur das. Die Fans sowie die Medien waren begeistert. Und so entwickelte der Trainer im harmonischen Miteinander eine junge Mannschaft, die erfrischenden Offensivfußball spielte und zum Stammgast in den europäischen Wettbewerben wurde. Und wenn sie nicht weggekauft sind, dann entzücken sie noch heute. So, das war das Märchen vom VfB Stuttgart.

 

Die Realität beim Stuttgarter Fußball-Bundesligisten sieht spätestens seit Sonntag komplett anders aus. Der Präsident Bernd Wahler stoppte das schon lange nicht mehr märchenhafte Projekt und entließ den Trainer Thomas Schneider. Der neue VfB-Vereinsrekord von acht Niederlagen nacheinander und dem Unentschieden gegen das Tabellenschlusslicht Eintracht Braunschweig obendrauf lässt diesen Schritt fast schon zu spät erscheinen.

Der absurde Plan mit Krassimir Balakov

Der VfB hat sich indes nicht nur von Thomas Schneider verabschiedet, sondern auch von dem Traum, eine besondere Erfolgsgeschichte zu schreiben: von einem Trainer und einem Team, die aus der eigenen Entwicklungsabteilung kommen und Stuttgart zum bundesweit beneideten Bundesliga-Standort machen.

Den VfB, der es nun mit dem Trainer Huub Stevens versucht, beneidet niemand mehr. Denn nicht nur die Mannschaft macht einen überforderten Eindruck, gleiches gilt auch für die Vereinsführung. Es ist schon ein äußerst fragwürdiges Krisenmanagement vom Sportvorstand Fredi Bobic, wenn ihm vor einer Woche keine bessere Alternative zu Thomas Schneider einfällt als der 2012 sang- und klanglos mit dem 1. FC Kaiserslautern abgestiegene Krassimir Balakov. Der absurd wirkende Plan, seinen alten Kumpel zu installieren, flog Bobic dann auch um die Ohren.

Fredi Bobic ist zurzeit der größte von vielen Verlierern beim VfB. Sein Balakov-Vorschlag und die Zusammenstellung eines möglicherweise nicht bundesligatauglichen Kaders haben seine vor der Saison noch so starke Position innerhalb des Vereins enorm geschwächt. Man solle seine Arbeit an dieser Mannschaft messen, hatte Bobic zu Rundenbeginn gesagt. Wenn man dies täte, bliebe Bernd Wahler nichts anderes übrig, als Fredi Bobic am Saisonende zu entlassen.

Man muss auch Bobic’ Verdienste sehen

In die Bewertung der Arbeit des Sportvorstands sollten aber auch die Verdienste einfließen, die sich Bobic um den VfB erworben hat. In der schwierigen Zeit unter dem umstrittenen Präsidenten Gerd Mäuser hat er den Verein innen zusammengehalten und nach außen gut vertreten. Ein ganzer Club durfte sich lange Zeit hinter Bobic verstecken. Doch eines ist jetzt klar: Die Ein-Mann-Show mit Fredi Bobic funktioniert nicht.

Jetzt müssen andere aus der Deckung kommen. Bernd Wahler zum Beispiel. Nun hat am Sonntag aber erneut Fredi Bobic im Namen des Clubs verkündet, dass Huub Stevens nur eine Zwischenlösung bis zum Saisonende sei und dass danach wieder der Stuttgarter Weg eingeschlagen werden würde – mit einem Trainer, der das jugendliche Anforderungsprofil erfüllt. Das hört sich naiv an. Denn sollte Stevens den Abstieg verhindern, wäre es nicht vermittelbar, ihn zum Dank vor die Tür zu setzen.

In diesem Zusammenhang sei an Felix Magath erinnert, der als Retter in der Not den VfB einst vor dem Abstieg bewahrte und danach ein junges Team entwickelte, das es bis in die Champions League schaffte. Märchenhaft und Realität zugleich.