Die Alternative für Deutschland ist nun in drei Landtagen und im Europaparlament vertreten. Trotz der Erfolge muss die Partei jedoch klären, wofür sie eigentlich steht, meint der StZ-Redakteur Roland Pichler.

Berlin - Erwin Teufel hat recht. Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident hat jüngst davor gewarnt, die Alternative für Deutschland (AfD) zu dämonisieren. Lange Zeit haben die etablierten Parteien und Medien versucht, die AfD als Schmuddelkind am rechten Rand darzustellen. Doch Ausgrenzung führt nicht weiter. Die junge Partei poltert zwar gern gegen Flüchtlingsströme und klagt über zu viel Zuwanderung. Ob die AfD aber nach österreichischem Vorbild ein neuer Rechtsausleger wird, muss sich zeigen. Anstatt die AfD in Schablonen zu pressen, sollten sich Politiker und Öffentlichkeit mehr mit ihr auseinandersetzen. Die Wähler lassen sich vom Versuch, den Senkrechtstarter abzustempeln, nicht beeindrucken. Für einige macht es die Partei erst interessant. Was steht hinter den Erfolgen?

 

Nach dem Einzug in drei ostdeutsche Landtage bestätigt sich, dass die Parteispitze von vielen als volksnah und kompetent wahrgenommen wird. Es sind die handelnden Personen, die das Phänomen AfD ausmachen. Was anfangs als Professorenpartei verspottet wurde, hat sich in atemberaubender Geschwindigkeit gemausert: Dem Politikneuling ist es gelungen, an der Spitze der meisten Landesverbände vorzeigbares Personal zu installieren. Auf manche Wähler wirkt die Partei auch deshalb faszinierend, weil sie den Eindruck haben, hier hätten nicht Berufspolitiker das Sagen. Das Anderssein ist die Marke.

In kurzer Zeit hat die AfD viel erreicht

Tatsächlich finden sich bei der AfD auch frühere Funktionäre von Union und FDP, die aus Enttäuschung ausgetreten sind. Zum Erfolg trägt ebenfalls bei, dass die AfD nicht als Scharfmacher auftritt. Der brandenburgische Spitzenkandidat Alexander Gauland ist ein wertkonservativer Intellektueller, die sächsische AfD-Kandidatin Frauke Petry kommt aus der Mitte der Gesellschaft. Auffallend ist, dass sie eine klare Sprache sprechen und einen Kontrast zur Formelhaftigkeit in der Politik bilden.

In ihrem kurzen Bestehen hat die AfD viel erreicht. Sie ist im Europaparlament und in drei ostdeutschen Landtagen vertreten. Dennoch steht die Bewährungsprobe noch aus. Unverkennbar ist, dass sich seit der Parteigründung vor eineinhalb Jahren die Neigung zum Populismus immer stärker ausbreitet. In der Anfangszeit beschäftigte sich die Partei noch mit schwierigen ökonomischen Fragen der Eurorettung. Weil diese Themen bei den Landtagswahlen nicht ziehen, versucht es die AfD mit platten Parolen. Ob Warnungen vor Flüchtlingen, das Eintreten für Grenzkontrollen oder das Plädoyer für die Drei-Kind-Familie – in den meisten Fällen liefert die AfD allenfalls plakative Überschriften. Wie sie ihre Forderungen in der Praxis umsetzen will, bleibt ein Geheimnis. Immerhin muss man der AfD bescheinigen, dass sie die Sorgen der Bürger aufgreift – das zeigt sich beim Thema Kriminalitätsbekämpfung. Die anderen Parteien haben die Probleme lange nicht ernst genommen. Das ändert sich nun.

Bei vielen Themen wirkt die Führung gespalten

Dass die AfD auch am rechten Rand fischt, kann ihr zum Verhängnis werden. Die Partei muss sehen, wie sie die Geister, die sie rief, wieder loswird. Weil die AfD mit rechtspopulistischen Slogans wirbt, stoßen auch Anhänger aus diesem Spektrum zu ihr. Noch kann die Führung von Richtungskämpfen ablenken. Doch in der Vergangenheit zeigte sich bei den Parteitagen, dass sich einige Wirrköpfe in der AfD tummeln. Konflikte bestehen auch in der Führung: Der brandenburgische AfD-Mann Gauland lehnt Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Politik strikt ab und liegt mit dem AfD-Bundessprecher Bernd Lucke über Kreuz. Auch beim europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen wirkt die Führung gespalten. Die Klärung, was diese Partei wirklich will, steht noch aus. Der Euphorie dürfte die Ernüchterung folgen: Die AfD wird nun an der Arbeit in den Parlamenten gemessen.