Man muss aus der Posse von Hegne am Bodensee nicht den Schluss ziehen, dass die Bahn auch in Stuttgart beim Bau des neuen Durchgangsbahnhofs für Stuttgart 21 falsch misst. Aber man sollte die kritischen Stimmen hören, meint StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Die Bahnsteig-Posse von Hegne beweist zweierlei: Auch von der Bahn verpflichtete Planer liegen mitunter daneben. Wer einen 2,16 Meter breiten Bahnsteig auf 1,77 Meter schrumpfen lässt, muss sich jedenfalls nicht darüber wundern, dass er dafür allenthalben Kopfschütteln erntet.

 

Viele Stuttgart-21-Gegner werden aus dieser Fehlmessung auf einem verwaisten Provinzbahnsteig sicher schlussfolgern, die Bahn könnte bei der Bewertung von Sicherheitsaspekten beim Tiefbahnhof in der Landeshauptstadt ähnlich dramatisch daneben liegen. Immerhin haben sie wegen dieses Themas einen eigenen Bürgerentscheid initiiert. So weit muss man nicht zwingend gehen. Der Gemeinderat ist aber gut beraten, sich von der Bahn im April nicht nur den Brandschutz erklären, sondern noch einmal im Detail die erwarteten Passagierströme auf den Bahnsteigen unter der Erde simulieren zu lassen. Wenn die Station erst einmal gebaut sein wird, ist es für Wehklagen über Tokioter Verhältnisse in Stuttgart zu spät.

Falls die Stadträte Zweifel plagen sollten, ob sie den Bahn-Experten trauen können, sei ihnen externer Sachverstand empfohlen: Der Projektkritiker Christoph Engelhardt hat der Bahn in diesem Punkt massive Täuschung unterstellt, ohne von ihr bisher widerlegt worden zu sein. Auch wenn sein Auftritt im Gemeinderat ungemütlich für die S-21-Bauherrin Bahn werden könnte, so täte der Projektpartner Stadt Stuttgart gut daran, auch der kritischen Stimme Rederecht einzuräumen.