Die CSU und ihr Ministerpräsident Horst Seehofer gewinnen souverän in Bayern – und lassen die FDP bundesweit zittern. Ein Kommentar zur Landtagswahl in Bayern von StZ-Politikchef Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Horst Seehofer hat in Bayern einen Wahlkampf geführt, der Angela Merkels Strategie im Bund in vielem ähnelt. Die gesamte Kampagne war auf ihn als Führungsfigur ausgerichtet, die Partei – hier die CSU – nur ein Aperçu. Seine zentrale Botschaft an die Wähler war: Euch geht’s doch gut, dann lassen wir am besten alles so, wie es ist! Mit sperrigen Visionen oder inhaltlichen Zumutungen hat Seehofer die Bürger nicht eine Sekunde behelligt, im Gegenteil: wo immer die Konkurrenz von SPD oder Grünen eine populäre Idee vortrug, erklärte er sie flugs zur eigenen.

 

Für den Bayern hat sich diese Methode demonstrativer Selbstzufriedenheit, verbunden mit frecher politischer Freibeuterei, ausgezahlt. Nach dem Debakel der CSU bei der Landtagswahl 2008, als sie aus der traumhaften Höhe von mehr als sechzig Prozent herabstürzte auf 43,4 Prozent, hat Seehofer seine Partei wieder auf einen Wert zurückgeführt, der ihrem Selbstverständnis entspricht: die unangefochten führende Partei zwischen Würzburg und Berchtesgaden zu sein, neben der alle anderen ein Schattendasein zu fristen haben.

Für Seehofer war es die erste Wahl, und es wird laut Eigenauskunft die einzige Wahl bleiben, in der er sich als Ministerpräsident dem Bürgervotum gestellt hat. Er selbst hatte die Messlatte hoch angelegt: alles andere als eine absolute Mehrheit der CSU im Landtag würde eine gefühlte Niederlage sein. Nun darf der Ingolstädter triumphieren, er hat die Liberalen als Koalitionspartner bereits nach fünf Jahren Zwangsehe wieder abgeschüttelt.

Soll Merkel der FDP nun aktiv unter die Arme greifen?

Über den ersten Teil der politischen Botschaft aus Bayern wird sich Angela Merkel gefreut haben. Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin braucht am 22. September eine starke CSU, die bis zur Hälfte der bayrischen Stimmen holt, um bundesweit mit der Union zu reüssieren. Dafür stehen die Chancen nun gut. Der zweite Teil der Botschaft bringt sie in Bedrängnis: Anders als für Seehofer ist die absolute Mehrheit für Merkel unerreichbar, sie braucht einen Partner zum Regieren – und das soll nach Lage der Dinge die FDP sein.

Der Endspurt des Bundestagswahlkampfes hat damit sein Thema: Gibt es für die FDP ein parlamentarisches Überleben im Bund – oder fliegt sie auch aus dem Bundestag? Die bayrischen Wähler haben die FDP offensichtlich nicht als notwendiges Korrektiv einer starken CSU wahrgenommen und sie entsprechend abgestraft. Die Liberalen werden die Woche bis zur Bundestagswahl mit einer beinharten Zweitstimmenkampagne bestreiten, sie müssen nun mit aller Kraft unionsnahe Wähler umwerben. In Niedersachsen ist ihnen das vor wenigen Monaten so erfolgreich gelungen, dass am Ende die FDP ein Traumergebnis einfuhr – und Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr hatte. Für Merkel und ihre Union war es ein traumatisches Erlebnis.

Seehofers Ego wird weiter anschwellen – und das hat Folgen

Aus dieser neuen Unübersichtlichkeit wird SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Hoffnung schöpfen, auch wenn ihm das Abschneiden seiner eigenen Partei wie des grünen Koalitionspartners in Bayern wenig Grund zur Zuversicht geben kann. Aber mit einer geschrumpften FDP steigen immerhin die Chancen der SPD, an der neuen Regierung in Berlin beteiligt zu sein.

Wer auch immer in der Bundeshauptstadt das Sagen hat, wird sich mit einem kraftstrotzenden Seehofer auseinandersetzen müssen. Bereits vorher sah sich der CSU-Chef in einer Reihe mit den christsozialen Säulenheiligen Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber. Deren zeitweise überragende Zustimmungswerte als Ministerpräsidenten hatte er zuvor schon übertroffen. Das Land wie die Partei führt er mit ähnlich monarchischer Attitüde. Nun hat er das direktdemokratische Plazet für diesen Führungsstil. Es wird sein ohnehin starkes Ego weiter anschwellen lassen – und nicht wenige in München und Berlin werden das zu spüren bekommen.