Zuwanderer sind in vielen Fällen noch immer mit einem komplizierten System und vielen unterschiedlichen Ansprechpartnern konfrontiert. Es braucht Qualifizierungsangebote, um Migranten Chancen zu eröffnen, meint StZ-Redakteurin Nicole Höfle.

Stuttgart - Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom Taxifahrer aus dem Iran, der in seiner Heimat als Ingenieur gearbeitet hat oder von der Lehrerin aus Kasachstan, die in Deutschland im Pflegeheim aushilft. Lange Jahre war es für Zuwanderer schwierig, in Deutschland die berufliche Qualifikation anerkennen zu lassen, die sie in ihrer Heimat erworben haben. Lange Zeit hatten überhaupt nur EU-Bürger und Spätaussiedler den Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren. Dann aber kam der Fachkräftemangel und mit ihm ein Umdenken in der Politik.

 

Ausdruck dieses Umdenkens ist das Anerkennungsgesetz, das Migranten seit April den Weg auf den deutschen Arbeitsmarkt leichter macht. Tatsächlich bringt das Gesetz viele Verbesserungen, allein schon, weil es jetzt möglich ist, in der Heimat erworbene Berufserfahrung einzubringen. Trotzdem sehen sich die Zuwanderer in vielen Fällen noch immer mit einem komplizierten System und vielen unterschiedlichen Ansprechpartnern konfrontiert, bis sie ihre Anerkennung in der Hand halten.

Potenziale nutzen, die Zuwanderer mitbringen

Noch ein Manko zeigt sich schon jetzt: Es fehlt an passgenauen Weiterbildungsmöglichkeiten für diejenigen Zuwanderer, die nicht alle geforderten Qualifikationen mitbringen. Die Erzieherin zum Beispiel, die in ihrer Heimat zwar das nötige Wissen über frühkindliche Entwicklungen erworben hat, die über die Pädagogik bei Heranwachsenden aber nicht viel weiß – und damit einen Teil der deutschen Ausbildung nicht erfüllt. Oder die Krankenschwester, der bestimmte Fachbereiche fehlen. Im Grundsatz ist es schließlich richtig, dass der Staat Berufe schützt, denn wer will schon eine schlecht ausgebildete Erzieherin in der Kita? Und wer will schon von einem Arzt behandelt werden, dem es an Grundlagenwissen in zentralen Fächern fehlt? Umso wichtiger ist es, dass den Migranten die Chance geboten wird, auf schnellem Weg ihre Defizite nachzuholen.

Das Stuttgarter Jobcenter, das Regierungspräsidium und die anderen beteiligten Stellen tun also gut daran, vor allem in den Berufen mit Fachkräftemangel schnellstmöglich neue Qualifizierungsangebote zu entwickeln und anzubieten, um die Potenziale zu nutzen, die die Zuwanderer mitbringen. Denn die Personalnot – beispielsweise in den Kitas und Pflegeheimen – ist groß und das Verständnis der betroffenen Träger dafür, dass Potenziale brachliegen, klein. Nur so kann auch sichergestellt werden, dass das Anerkennungsgesetz sein Ziel erfüllt.