Der Bund hat im ersten Halbjahr erstmals seit langem einen Finanzierungsüberschuss erreicht, doch große Sprünge sind damit nicht drin, meint StZ-Redakteur Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Erstmals seit 1991 hat der Bund in der ersten Hälfte dieses Jahres einen Finanzierungsüberschuss erreicht. Der Bund profitiert von der hohen Beschäftigung. Dies führt dazu, dass die Einnahmen aus der Lohnsteuer kräftig gestiegen sind. Auf der anderen Seite kommt dem Bund zugute, dass die Zinsen sehr niedrig sind.

 

Mit dem Überschuss im Halbjahr ist erst ein Etappenziel erreicht. Für das Gesamtjahr wird immer noch ein Defizit erwartet. Erst vom nächsten Jahr an will der Bund nach der bisherigen Planung dann ohne neue Schulden auskommen. An dem zu hohen Schuldenberg, der in der Vergangenheit angehäuft wurde, ändert dies jedoch zunächst einmal nichts.

Hinzu kommt, dass keineswegs garantiert ist, dass die Konjunktur weiter rund läuft. Der Rückgang der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal war bereits ein Dämpfer und die Russland-Ukraine-Krise sorgt für eine zunehmende Verunsicherung bei den Unternehmen. Noch halten etwa im Südwesten die meisten Firmen an ihren Planungen fest. Dies liegt jedoch auch daran, dass gerade Ferienzeit ist und viele Fabriken und Büros derzeit nicht in vollem Betrieb sind.

Es besteht kein Grund, in Jubel auszubrechen

Nach dem Ende der Ferien dürfte jedoch neu gerechnet werden, und es ist nicht ausgeschlossen, dass etliche Prognosen nach unten korrigiert werden. Dies gilt etwa für die baden-württembergische Schlüsselbranche Maschinenbau, wo der Bundesverband bereits die Latte niedriger gehängt hat. Zwar reagiert die Beschäftigung in der Regel erst mit Verzögerung auf einen schwächeren Auftragseingang und schwächere Umsätze. Aber früher oder später drosselt eine Abschwächung des Geschäfts auch die Steuereinnahmen.

Deshalb besteht derzeit kein Grund, angesichts eines Überschusses im ersten Halbjahr bereits in Jubel auszubrechen oder zu erwarten, dass nun etwa viel mehr Geld in eine Erneuerung des viel zu lange vernachlässigten Straßennetzes investiert werden könnte. Große Sprünge kann der Bund trotz der erfreulichen Entwicklung nicht machen.