Die Botschaft des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, kurz DIW, wird bei Gewerkschaften und der Opposition nicht gut ankommen. Die Parteien sind dennoch gut beraten, die Hinweise der Forscher ernst zu nehmen, meint Roland Pichler.

Berlin - Die Botschaft des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wird bei Gewerkschaften und der Opposition nicht gut ankommen. Die Parteien sind dennoch gut beraten, die Hinweise der Forscher ernst zu nehmen. Das DIW, das nicht zu wirtschaftsliberalem Denken neigt, sieht Mindestlöhne äußerst kritisch. Diese Position ist zwar nicht neu, wird aber mit einer aktuellen Studie untermauert. Die Aufmerksamkeit ist den Wissenschaftlern gewiss, denn eine gesetzliche Lohngrenze dürfte ein wichtiges Thema für die Koalitionsverhandlungen werden. Zum Zeitgeist gehört, dass alle im Bundestag vertretenen Parteien in irgendeiner Form für Mindestlöhne eintreten. Die staatliche Lohnfestsetzung gilt fast schon als Allheilmittel gegen Niedrigeinkommen.

 

Wissenschaftler des DIW weisen auf Gefahren hin

Die Wissenschaftler des DIW weisen nun auf Gefahren hin. Bevor die Politik experimentiert, sollte sie abwägen. Bisher ist Deutschland gut damit gefahren, dass die Tarifpartner für die Festsetzung der Löhne zuständig sind. Kritiker räumen zwar zu Recht ein, dass es beispielsweise in Ostdeutschland viele tariffreie Zonen gibt. Häufig sind Gewerkschaften aber auch zu schwach, um höhere Löhne durchzusetzen. Es ist aber zu bezweifeln, dass ein gesetzlicher Mindestlohn diese Situation umkehrt. Natürlich muss der Staat ein Interesse haben, dass Arbeitnehmer von einer Vollzeittätigkeit leben können. Ein starrer Mindestlohn ist dafür aber ungeeignet. Dessen Streuwirkungen sind einfach zu groß. Eine einheitliche Lohnuntergrenze für Ost und West ist ein riskantes Unterfangen. Die Politik hat in der Lohnfindung keine Expertise. Wird der Mindestlohn zu hoch festgesetzt, was zu erwarten ist, entsteht die Gefahr, dass Arbeitsplätze vernichtet werden. Auf diese Risiken weisen die Forscher richtigerweise hin. Es sind nicht die Großunternehmen, die ihre Mitarbeiter mit niedrigen Löhnen abspeisen. Geringverdiener arbeiten in der Regel in Kleinbetrieben. Zur Wahrheit gehört, dass sich viele kleine Unternehmen höhere Löhne nicht leisten können. Wenn die Politik schon Mindestlöhne einführen will, sollte sie zumindest die Tarifpartner einbeziehen.