Der schwache Euro hat die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stark verbessert, stellt Klaus Dieter Oehler fest.

Frankfurt - Man kann über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) durchaus streiten und die langfristigen Risiken der derzeit unkonventionellen Maßnahmen werden zu Recht immer wieder in den Vordergrund gestellt. Dennoch: kurzfristig scheint EZB-Präsident Mario Draghi den Erfolg für sich verbuchen zu können. Die Wirtschaft in der Eurozone erholt sich zusehends, auch in den meisten Krisenländern geht es wieder bergauf. Und das von den Währungshütern anvisierte Ziel, eine Abwärtsspirale der Preise zu verhindern, scheint in greifbarer Nähe zu sein. Zwar liegt die Preissteigerungsrate noch weit von den zwei Prozent entfernt, die nach Ansicht der EZB ein stabiles Umfeld für ein gesundes Wirtschaftswachstum bieten, aber die Preise ziehen wieder an.

 

Das Problem dabei ist, dass der positive Effekt keine direkte Auswirkung der Geldpolitik ist, sondern eher eine erwünschte Nebenwirkung: Der Euro hat deutlich an Wert verloren und damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft spürbar verbessert. Die Veränderung des Wechselkurses ist nicht die primäre Aufgabe der Zentralbank. Aber ihr kommt zugute, dass die US-Notenbank Fed ihre Geldpolitik in den nächsten Monaten verschärfen könnte, weil die US-Konjunktur schon schneller in Fahrt gekommen ist als die europäische. Für Investoren ist das ein klares Signal, mehr in Dollar zu investieren und damit die europäische Währung zu schwächen. Angesichts dieses Umfelds ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann ein Euro nur noch einen Dollar wert ist. Das ist ein Konjunkturprogramm, das die europäischen Staaten mit ihren klammen Kassen nicht hätten stemmen können.

Die Regierungen in Athen, Madrid und Lissabon müssen jetzt die Zeit nutzen, um mit Strukturreformen ihre Wirtschaft in die Lage zu versetzen, diesen Aufwärtstrend in ein nachhaltiges Wachstum umzusetzen. Das ist eine große Herausforderung, die auch für Deutschland gilt, denn die Weltwirtschaft hat sich grundlegend geändert. Die Europäische Zentralbank hat nur Zeit gekauft, mehr nicht.