Das Reformprojekt Aufbrechen kommt voran. Doch die Basis der katholischen Kirche braucht mehr Zeit, meint der StZ-Redakteur Mathias Bury.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - In der katholischen Kirche hat die Tradition ein besonderes Gewicht. Das trägt ihr in der Öffentlichkeit viel Kritik ein und führt manchmal dazu, dass sie wie ein Überbleibsel früherer Tage fremd in der Gegenwart steht. Das ist für viele Gläubige aber auch ein Grund dafür, dass sie in Zeiten schnellen gesellschaftlichen Wandels in der Kirche einen Halt finden.

 

Aber auch die katholische Kirche steht immer stärker unter dem Zwang zur Veränderung. Der Druck durch stetig sinkende Mitgliederzahlen, durch Priestermangel und einen Immobilienbestand, der noch aus besseren Tagen stammt und bald nicht mehr zu finanzieren sein wird, wächst.

Deshalb treibt Stadtdekan Christian Hermes seit einigen Jahren die Erneuerung voran. Inzwischen hat der Prozess einige konkrete Formen angenommen. Verschiedene Neubauprojekte sind beschlossen, der auch Kirchen zum Opfer fallen werden, große und teure Energieschleudern aus den 60er Jahren. Es sind Zentren zur pastoralen Erneuerung geplant, um die Seelsorge den gewandelten Bedürfnissen der Menschen anzupassen. Bald sollen die zu größeren Seelsorgeeinheiten zusammengefassten Pfarrgemeinden zu handlungsfähigen Rechtspersonen werden.

Nicht alle wollen lieb gewonnene Gewohnheiten aufgeben

Es ist ein großes Rad, das Christian Hermes dreht. Dass das nicht allen gefällt, weil man lieb gewonnene Gewohnheiten aufgeben muss, weil das manchem zu schnell geht und es in einigen Fällen zu handfesten Konflikten kommt, liegt in der Natur der Sache. Nicht immer findet sich zwischen der hauptamtlichen und der ehrenamtlichen Ebene ein Kompromiss, die Perspektiven sind mitunter sehr verschieden. Partizipation hat ihre Grenzen, im Streitfall versteht darunter jeder das, was seinen Interessen entspricht. Um die in nicht geringem Umfang vorhandene Zustimmung zu dem Veränderungsprozess noch zu erhöhen, wird der Stadtdekan also weiter Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Man ist der Basis aber auch entgegengekommen. Die Pfarreien müssen nicht fusionieren, das hat der Bischof verfügt, sie haben weiterhin einen eigenen Gemeinderat. Und mit der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde, die künftig das Budgetrecht hat und in die jede Pfarrei Vertreter entsendet, kann man sich bei Bedarf bis 2017 Zeit lassen. Ursprünglich sollte dieser Schritt in jedem Fall bis Anfang 2016 vollzogen sein. Dass die Leitung des Stadtdekanats hier das Tempo herausgenommen hat, ist richtig. Das senkt den Druck erheblich.