Die großen Fragen nach der Zukunft Europas haben das Strategietreffen der Union überlagert. Dagegen wirken die zurückliegenden Fingerhakeleien zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer geradezu gestrig.

Potsdam - Noch vor einer Woche – einer ganzen politischen Ewigkeit also – mochte das Strategietreffen von CDU und CSU in Potsdam als zentrales innenpolitisches Ereignis erscheinen. Schließlich ist es durchaus von Bedeutung, ob die Union ihre Rolle als letzter Stabilitätsanker im so beweglich gewordenen Parteienspektrum erhalten kann, oder ob CDU und CSU immer weiter auseinanderdriften – bis hin zu einem offenen Konkurrenzverhältnis. Doch heute – nach der Brexit-Entscheidung – wirkt die Tagung seltsam aus der Zeit gerissen. Ob Angela Merkel und Horst Seehofer wieder zueinanderfinden – wenigstens zu einem modus vivendi – oder ob sie in Misstrauen und Sprachlosigkeit verharren: das alles wirkt angesichts der wirklich bedeutenden Fragen, die sich um Europas Zukunft ranken, fast schon beiläufig. Die sinkenden Zuwanderungszahlen nehmen der Dauerfehde ohnehin die aktuelle Relevanz.

 

Über einen Grundsatz einigen

Folgerichtig kreiste die Tagung denn auch hauptsächlich um die Fragen der Europäischen Union. Auffallend ist, dass die Union keinen Anlass sieht, in hektische Aktivität zu verfallen. Die Kaskaden an Vorschlägen, Forderungen und Stellungnahmen kommen eher von der SPD. Die Union wartet ab. Erst soll Großbritannien seine Lage klären, auch spüren, was der Brexit an negativen Folgen haben kann. Wer jetzt schon vorschnell eine EU-Reformdebatte lostritt, der liefert nur eine nachträgliche Rechtfertigung für die demagogische Austrittskampagne der Sieger.

Langfristig aber wird sich die Union in Europa wie in ihren innenpolitischen Streitfragen über einen Grundsatz einigen müssen: Heißt Politik Führen und Vorangehen oder eher Mitschwimmen und das Aufgreifen populärer Stimmungen? Klar, wofür Merkel und Seehofer optieren.