Auch wenn die Schonfrist des neuen Stuttgarter OBs Fritz Kuhn vorüber ist – etwas mehr Respekt könnte die CDU trotzdem an den Tag legen, meint StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Eine Woche lang hat sich der neue Oberbürgermeister als jedermanns Liebling fühlen dürfen, weil er in seiner Antrittsrede nicht nur den richtigen Ton getroffen, sondern auch an der entscheidenden Stelle Klartext geredet hatte. Dem alten Politfuchs war sicher klar, dass er nicht unter Artenschutz steht und die politischen Gegner, bei Stuttgart 21 also neben CDU, FDP und Freien Wählern auch die SPD, trotz freundlicher Miene die Faust in der Tasche ballten, als er von Vertrauenskrise sprach; davon, dass die Bahn das Projekt an die Wand gefahren habe und, noch schlimmer: dass man über Alternativen diskutieren müsste. Sein Auftritt im Technikausschuss bedeutete daher nichts anderes, als dass er die Konfrontation mit den Projektbefürwortern nicht scheut, denn den FDP-Antrag hätte die Verwaltung auch schriftlich beantworten können.

 

Aber jetzt wissen es auch die Hardliner im Gemeinderat: Kuhn scheut sich nicht, zu sagen, dass er das Projekt – Gemeinderatsmehrheit hin, Volksabstimmung her – verkehrlich wie planerisch für untauglich und die Finanzierung für schwierig erachtet. Man kann diese polarisierenden Aussagen zu Beginn einer OB-Amtszeit kritisieren, man kann sogar, wie manche in der CDU, weiter versuchen, Anhänger zu mobilisieren, indem man Kostenexplosionen und Planungsmängel ausblendet und stattdessen seinen Treueschwur auf S 21 erneuert. Die Partei ist aber gut beraten, im Umgang mit dem obersten Repräsentanten der Landeshauptstadt ein wenig mehr Respekt an den Tag zu legen, wenn sie ernst genommen werden will. Wie kann sie denn an Zukunftsprojekten teilhaben, wenn sie neben dem Inhaber auch das Amt missachtet? Bleibt also für die CDU zu hoffen, dass Philipp Hill, der Mann fürs Grobe in der Union, in erster Linie die Abwesenheit seines Fraktionschefs Kotz nutzen wollte.