Die grün-rote Landesregierung findet keinen klaren Sparkurs. Bei den Musikhochschulen hat sie sich wieder einmal verheddert. Das Resultat dieser Politik ist nicht gerecht, findet der StZ-Redakteur Thomas Breining.

Stuttgart - Ist das gerecht? Der baden-württembergische Kultusminister Andreas Stoch (SPD) verkündet – man darf unterstellen: nicht ohne einen letzten Rest von Unbehagen –, dass die Unterrichtsversorgung im Land wegen tausend Lehrern weniger nicht schlechter werden wird. So viele Stellen musste er im grün-roten Bemühen um solide Staatsfinanzen zum kommenden Schuljahr opfern. 23 Millionen Euro Entlastung bringt dieser Einschnitt dem Land bei seinen Ausgaben. Dort, wo noch ein Milliardenloch zu schließen ist. Im nächsten Schuljahr soll Stoch übrigens weitere 1200 Lehrerstellen im Geiste der Konsolidierung drangeben. Stand heute – denn wer weiß, was noch passiert.

 

Den Lehrergewerkschaften und den Eltern schulpflichtiger Kinder fallen schließlich viele Gründe ein, diesen Stellenabbau für falsch zu halten. Das lassen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit wissen. Ihre Argumente sind durchaus diskutabel: Mag sein, dass die Schülerzahlen zurückgehen, aber erfordert nicht der bildungspolitische Aufbruch, den Grün-Rot propagiert, verstärktes pädagogisches Engagement? Allein: die ersten tausend Stellen sind weg.

Sieht so ein Konsolidierungskurs aus?

Die Lobbyisten der Schulen müssen sich fragen, was sie falsch gemacht haben, wenn sie sehen, wie an einer anderen landespolitischen Baustelle hantiert wird: bei den Musikhochschulen. Für sie hat die Hochschulministerin Theresia Bauer (Grüne) einen Plan vorgelegt, wie durch Umstrukturierungen Geld gespart werden könnte. Hier ging es um vier Millionen Euro. Auch dort war der Protest der Betroffenen unüberhörbar. Anders als bei den Schulen werden die Umbaupläne bei den Musikhochschulen jetzt aber zunächst zurückgeholt. Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat in Mannheim höchstselbst seine Parteifreundin zurückgepfiffen. Sieht so ein entschiedener Konsolidierungskurs aus? Wohl kaum.

Der Fall zeigt wieder einmal, wie Politik, insbesondere die der grün-roten Koalition, funktioniert. Die Hochschulministerin hat in der Sache nicht viel falsch gemacht. Sie hat Sparanregungen des Landesrechnungshofs aufgegriffen, aber inhaltlich modifiziert. Sie hat sich dafür mit den Rektoren der Musikhochschulen zusammengesetzt und zumindest deren mehrheitliches Einverständnis eingeholt.

Zwei taktische Fehler der Ministerin Bauer

Doch hat sie es versäumt, in diese Politik des Gehörtwerdens den Koalitionspartner einzubinden. Das war unklug. Die SPD reagierte gereizt und hat es klammheimlich womöglich genossen, dass durch den Widerstand der von Kürzungen betroffenen Standorte Trossingen und Mannheim jene Kabinettskollegin unter Druck geriet, die sich auf ihrem Politikfeld bisher allseits nur Anerkennung erarbeitet hatte. Der grün-rote Motor stottert ja nicht zum ersten Mal. Dabei ist erst Halbzeit in der Legislaturperiode. Wie soll das mit den Nickeligkeiten untereinander noch werden bis zum Wahlkampf 2016?

Wahlkämpfe entwickeln eine eigene Dynamik. Auch das zeigt das Musikhochschulthema. Es in den Bundestagswahlkampf hineinzubringen war Bauers zweiter taktischer Fehler. Die Künstlerszene ist kommunikationserfahren, gut vernetzt und den Grünen nicht abgeneigt. Das hat sie die Bundestagskandidaten dieser Partei jetzt spüren lassen. Diese sind in der Folge ihrer Ministerin in den Rücken gefallen und jetzt erleichtert, dass das Thema vorerst vom Spielplan genommen wurde.

Der Ministerpräsident hat sich zwar beeilt zu sagen, dass seine Regierung am Kürzungsziel des Rechnungshofes bei den Musikhochschulen festhalten werde, nur über das Wie werde noch einmal nachgedacht. Etwas anderes konnte Kretschmann aber gar nicht sagen. Sonst wäre die Glaubwürdigkeit seines finanzpolitischen Kurses nicht nur angeschlagen, sondern dahin. Ob das neue Nachdenken mehr Gerechtigkeit bringt, ist aber noch lange nicht raus.