Ein Verbot der rechtsextremen Partei NPD wäre wichtig. Doch das Problem ist größer. Ein Kommentar von Berlin-Korrespondent Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Die NPD verbieten? Selten herrscht in einer politischen Frage so große Einigkeit. Drei Viertel der Bürger sind dafür , ebenso< Politiker aller Parteien , die Polizeigewerkschaften und ein breites Spektrum gesellschaftlicher Kräfte. CSU-Chef Horst Seehofer sieht den Staat sogar in der Verpflichtung , ein Verbotsverfahren einzuleiten.

 

Und auch die Kanzlerin hält es für geboten, neu darüber nachzudenken. Die NPD liefert selbst Argumente genug, die für einen neuerlichen Verbotsantrag sprechen. Sie ist eindeutig verfassungswidrig. Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass diese Partei fremdenfeindliche Parolen verbreitet, rassistischem Gedankengut anhängt, antisemitische Ressentiments pflegt, den Rechtsstaat verunglimpft, die Demokratie verachtet und unser freiheitliches System überwinden will.

Einwände gegen ein neues Verbotsverfahren

Inzwischen gibt es auch klare Indizien, die dafür sprechen, dass die rechtsterroristische Zwickauer Mörderbande aus der NPD heraus unterstützt wurde. Dafür steht der Name Ralf Wohlleben. Der Mann war über Jahre NPD-Funktionär. Er zählt zu den mutmaßlichen Helfershelfern des Neonazitrios. Noch ist er nicht verurteilt. Was ihm anzulasten ist, muss erst gerichtsfest nachgewiesen werden. Der Fall Wohlleben allein wird auch nicht ausreichen, die NPD insgesamt als terroristische Vereinigung abzustempeln. Aber das Bundeskriminalamt ist zuversichtlich, weitere Verflechtungen zwischen der Partei und dem Netzwerk des rechten Terrors aufzudecken.

Gleichwohl gibt es ernsthafte Einwände gegen ein neues Verbotsverfahren. Das Scheitern beim ersten Versuch war ein Trauma für den Rechtsstaat und seinen Sicherheitsapparat. Eine erneute Pleite wäre ein Albtraum. Das würde die Rechten nur stärken, sie jedenfalls ermutigen.

Harter Schlag für die rechte Subkultur

2003 hatten einige der zuständigen Verfassungsrichter Bedenken angemeldet, weil die NPD unterwandert war von staatlichen Spitzeln. Der Verdacht stand im Raum, dass die NPD ferngesteuert sein könnte. Der Verfassungsschutz hat nach wie vor 100 V-Männer auf die NPD angesetzt. Und im Moment haben Bund und Länder offenbar noch keine klare Übersicht, wer wo seine Späher platziert hat. Unter diesen Voraussetzungen wäre ein zweiter Anlauf für ein Verbotsverfahren tatsächlich riskant. Innenminister und Sicherheitsexperten halten ihre V-Leute für unverzichtbar. Aber sie müssten ja auch nicht alle abziehen. Lediglich in Führungsgremien sollten nicht gerade staatliche Agenten das Sagen haben.

Ungeachtet dieser Schwierigkeiten ist ein NPD-Verbot dringend angezeigt. Der Verweis auf die Unersetzlichkeit der V-Leute überzeugt nicht. Ansonsten müsste der Staat auch vor dem islamistischen Terror kapitulieren. V-Leute in jene Szene einzuschleusen, ist schier unmöglich. Ein NPD-Verbot wäre ein harter Schlag für die rechte Subkultur. Es würde das Milieu verunsichern und es seiner wichtigsten Plattform in der Öffentlichkeit berauben. Zudem wäre der unerträgliche Zustand beendet, dass diese Hasspartei ganz wesentlich aus Steuergeld finanziert wird.

Ein NPD-Verbot kann aber nur der erste Schritt sein bei dem Bemühen, den rechten Sumpf trockenzulegen. Eine Partei ist bloß eine Hülle, das unselige Gedankengut bleibt in den Köpfen. Längst sind andere Organisationsformen auf dem Vormarsch. Unter gewaltbereiten Rechten hat nicht die NPD das Sagen. Sogenannte freie Kameradschaften und "Autonome Nationalisten" sind unter Umständen gefährlicher. Niemand sollte überzogene oder gar falsche Hoffnungen mit einem NPD-Verbot verbinden. Noch schwieriger als dieses Unterfangen ist es, die Zivilgesellschaft zu stärken, demokratische Partei- und Bildungsarbeit auch in den von Rechtsextremisten reklamierten "befreiten Zonen" zu etablieren, die Kommunen, in denen sich eine rechte Unkultur breitmacht, nicht alleinzulassen. Da gibt es noch viel mehr zu tun.