In Italien ist am Samstag eine neue Partei links von der regierenden Demokratischen Partei (PD) des ehemaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi gegründet worden. Die Spaltung der Regierungspartei in Italien schadet auch Europa, kommentiert Almut Siefert.

Rom - Meistens hat, wenn zwei sich scheiden, einer etwas mehr zu leiden. Das hat schon der deutsche Dichter und Zeichner Wilhelm Busch einst treffend auf den Punkt gebracht. Im Falle der Spaltung der italienischen Sozialdemokraten, die wohl Anfang dieser Woche auch formal besiegelt wird, ist der Sieger dieser monatelangen Schlammschlacht nicht einfach zu bestimmen. Eines jedoch ist sternenklar: Die Liste der Verlierer ist lang.

 

Darauf steht erstens der Verlassene, der Partito Democratico (PD). Zehn Jahre nach der Gründung der Partei ereilt den PD jenes Schicksal, das in Italien – so scheint es einem manchmal – mehr Parteien als Ehen trifft: die Trennung. Und das zur denkbar ungünstigsten Zeit. Nach dem verlorenen Verfassungsreferendum vergangenen Dezember und dem Rücktritt Matteo Renzis als Ministerpräsident, schwebt das Szenario von Neuwahlen wie ein Damoklesschwert über dem Land und über der Partei. Die liegt derzeit in Umfragen gleichauf mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo, beide kommen auf 30 Prozent. Laut Umfragen käme die neu gegründete linke Partei auf etwa sechs Prozent – wichtige Stimmen, die vor allem dem PD im Wettstreit mit den Populisten fehlen werden.

Womit auch das Projekt Renzis zum Scheitern verurteilt sein dürfte. Der ehrgeizige Florentiner bastelt seit seinem Rücktritt an seinem Comeback. Das Ziel: Schnelle Neuwahlen und zurück zum Status quo, zu einer Regierung der Reformen mit ihm als Ministerpräsidenten. Der 42-Jährige hat sich dabei derart auf seine Person versteift, dass er die Gefahren, die im Hintergrund lauerten, nicht wahrhaben wollte. Denn sein „Alleinherrscheranspruch“, wie er ihm von seinen Gegnern vorgeworfen wird, führt nun zur Spaltung der Noch-Regierungspartei. Sicher, Renzi wird zum Parteisekretär und damit zum Spitzenkandidaten kommender Wahlen gewählt werden. Bringen dürfte ihm das aber nicht mehr viel.

Wenn es in Italien von etwas genug gibt, dann sind das Parteien

Was direkt weiterleitet zum Dritten auf der Liste der Verlierer: dem italienischen Volk. Denn wenn es in Italien von etwas genug gibt, dann sind das Parteien. Die 630 Abgeordneten des Parlaments verteilen sich derzeit auf elf unterschiedliche Fraktionen. Abspaltung steht in Italien quasi auf der politischen Tagesordnung. Ist man sich nicht einig, trennt man sich. Basta. Auch wenn man gerade regiert. Eine weitere Partei erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es bei der kommenden Wahl keine klaren Mehrheiten und somit eine politische Blockade geben wird – und das in einer Zeit, in der Italien Stabilität und Entscheidungsfähigkeit mehr denn je braucht, um endlich aus der wirtschaftlichen Krise herauszukommen.

Damit ist der Vierte im Bunde der Verlierer ausgemacht: Europa. Schafft es Italien nicht, seinen steinigen, aber notwendigen Reformweg weiterzugehen, wird das wirtschaftliche Sorgenkind Europas endgültig zum Problemfall. Schon heute betragen die Schulden Italiens mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. In den Reformjahren der Regierung Renzi konnte die Arbeitslosenquote zwar leicht gesenkt werden, sie liegt heute bei etwa zwölf Prozent, und auch ein leichtes Wirtschaftswachstum von einem Prozent kann man wieder verzeichnen. Kleine und vor allem sensible Erfolge, die einer politischen Pattsituation nicht standhalten würden.

Meistens hat, wenn zwei sich scheiden, einer etwas mehr zu leiden. Und wenn vor allem Dritte leiden, wird wohl ein Dritter als Nutznießer aus der Trennung hervorgehen: Der Populist Beppe Grillo dürfte sich dieser Tage feixend die Hände reiben.

almut.siefert@stzn.de