Die Bilanz des S-Bahn-Jahrs 2013 beinhaltet Ergebnisse, die so gut zusammenpassen wie der Politische Aschermittwoch und eine intellektuelle Debattenkultur. Auch wenn es mehr Fahrgäste gibt: Die Bahn muss die Verspätungen abstellen, meint Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Die Bilanz des S-Bahn-Jahrs 2013 beinhaltet Ergebnisse, die auf den ersten Blick so gut zusammenpassen wie der Politische Aschermittwoch und eine intellektuelle Debattenkultur. Einerseits fahren so viele Menschen wie nie zuvor, andererseits beklagen sich die Fahrgäste wie nie über die rekordverdächtige Unpünktlichkeit. Attraktivität und Unzufriedenheit: das sind die zwei Seiten der kuriosen S-Bahn-Medaille, die sich daraus erklären lässt, dass viele Fahrgäste auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind oder der Alternative – verstopfte Straßen – noch weniger abgewinnen können.

 

Die Bahn-Verantwortlichen haben versucht, der positiven Seite ein bisschen mehr Glanz zu verleihen und der anderen ihren Schrecken zu nehmen. Das könnte als plumper PR-Trick abgetan werden, wenn die Bahn nicht zugleich Daten veröffentlicht hätte, die sie in den Vorjahren wie ein Staatsgeheimnis behandelte. Damit hat der Konzern, für den der Regionalverkehr ein Goldesel ist, zumindest für etwas mehr Offenheit gesorgt. Allerdings darf vermutet werden, dass diese Bereitschaft auch deshalb befördert wurde, weil das Internetportal s-bahn-chaos.de mit seinem auf offiziellen Daten gestützten Verspätungswarner ohnehin mehr Transparenz bewirkt. Die Bahn musste reagieren, zumal auch der Verband Region Stuttgart und die Regionalräte auf Abhilfe drängen. Die Bahn ist also unter Druck. Da ist es hilfreich, wenn man schlechte Nachrichten mit positiven – so viele Fahrgäste und so viel Verkehrsleistung wie noch nie – aufhübschen kann.

Offen ist aber, ob und wie Abhilfe geschaffen werden kann. Gewiss: die Bahn verspricht sich schnellere Ein- und Ausstiegszeiten in den stark frequentierten Haltestellen Stadtmitte und Hauptbahnhof, sie setzt auf technische Aufrüstung in der Signal- und Leittechnik und auf die neuen ET 430. Doch die Grundschwierigkeit bleibt, dass sich Störungen auf einzelnen Linien im gesamten Netz ausbreiten. Dass diese Gefahr wächst, weil die Bauarbeiten für S 21 vermehrt zu Beeinträchtigungen führen werden, ist ein offenes Geheimnis. Die Bahn ist dennoch im Wort, die Verspätungen bis Jahresende spürbar zu verringern. Wenn ihr das gelingen sollte, glänzt die Medaille nicht nur auf einer Seite; wenn nicht, hilft alles Polieren nicht.