Der erst seit wenigen Monaten allein amtierende SAP-Chef Bill McDermott will mit der Übernahme der US-Firma Concur die weitaus größte Übernahme der Konzerngeschichte stemmen. Doch beim Sprint ins Cloud-Zeitalter sollte die Firma ihre soliden deutschen Wurzeln nicht vergessen, schreibt Andreas Geldner.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Bill McDermott drückt aufs Tempo. Mit der größten Übernahme in der mehr als vier Jahrzehnte währenden SAP-Unternehmensgeschichte hat der erst seit ein paar Monaten alleine an der Unternehmensspitze stehende Amerikaner, eine kräftige, erste Duftmarke hinterlassen. SAP soll ins Cloud-Zeitalter noch schneller durchstarten als bisher.

 

Geld scheine da keine Rolle zu spielen, heißt nach der jüngsten, teuren Akquisition etwas murrend an der Börse. In der Tat: Zur Kultur von SAP gehörte, ganz der deutschen Unternehmenschule folgend, lange der Aufbau von Kompetenzen im eigenen Haus. Doch die Zeiten haben sich geändert. Software läuft immer seltener per Lizenz in kundeneigenen Rechenzentren. Immer mehr Unternehmen kaufen diese Kompetenzen ein – die von der Neuerwerbung Concur angebotene Abwicklung von Reiseausgaben ist da nur ein Kapitel. In den USA ist diese Entwicklung weit fortgeschritten. Das Tempo der Innovation wird dabei immer schneller.

Hier will sich SAP nun massiv einkaufen. Strategisch führt an diesem Weg nichts vorbei – niedrigere Margen hin oder her. Doch solche Mega-Übernahmen bedeuten für die Firma aus Walldorf, die immer auch von ihrem deutsch-soliden Image lebte, einen Kulturbruch. Mitgründer Hasso Plattner hat in den vergangenen Jahren, oft auf nicht gerade konstruktive Weise, immer wieder über die vermeintlich deutsche Trägheit in Walldorf gewettert. Er hat damit sogar Befürchtungen geweckt, als werde sich SAP bis hin zur Verlegung des Konzernsitzes radikal amerikanisieren. Auch um den Amerikaner McDermott ranken sich solche Ängste. Die neue Mega-Übernahme kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die früheren großen Akquisitionen kaum verdaut sind und sich zudem mehrere tausend Mitarbeiter auf neue Aufgaben einstellen müssen.

SAP wird nur Erfolg haben, wenn es bei allem amerikanischem Tempo seine deutschen Wurzeln nicht aus den Augen verliert. Die Kunden, insbesondere auf dem Stammmarkt Deutschland, wollen Verlässlichkeit. Immerhin zeigt der Firmenchef, dass er nicht nur kurzfristig auf die Börse schielt, sondern die langfristigen Chancen des Softwareriesen im Auge hat.