Der Schulterschluss gegen die Verkehrsmisere in der Region Stuttgart ist überfällig, weil er die Chancen erhöht, wichtige Infrastrukturvorhaben durchzubringen – vorausgesetzt Partikularinteressen werden zurückgestellt, meint Achim Wörner.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Stuttgart - Wer regelmäßig mit dem Fahrzeug auf den Hauptverkehrsachsen in der Region Stuttgart unterwegs ist, braucht gute Nerven. Denn da Staus auf allen Wegen eine Dauereinrichtung sind, sind die Fahrzeiten völlig unkalkulierbar. Diese Erkenntnis ist allerdings ebenso wenig neu wie der Hinweis darauf, dass die Verhältnisse auf den Straßen längst ein echter Standortnachteil des wirtschaftsstarken Ballungsraums sind.

 

An wohlfeilen Ideen für Abhilfe herrscht kein Mangel. Mehr Fahrgemeinschaften, eine bessere Verzahnung von Bus und Bahn, die Einrichtung der geplanten neuartigen Expressbuslinien – all dies sind Teile einer Gesamtstrategie. Notwendig ist an vielen Stellen aber trotzdem die Ertüchtigung des Straßennetzes, wie sich an der vom Land im Blick auf den neuen Bundesverkehrswegeplan 2015/2016 vorgelegten Liste für Baden-Württemberg erkennen lässt. 158 Einzelprojekte hat der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann ausgeguckt, die beim Bund als vordringlich angemeldet werden sollen, davon 16 in der Region. Doch noch ehe das Verfahren die nächste Stufe erreicht, ist eines klar: die finanziellen Mittel, um all diese Pläne, die sich auf Kosten von elf Milliarden Euro summieren, umzusetzen, wird der Bund nie und nimmer zur Verfügung stellen.

Die Initiative ist vernünftig

Weniger ist gerade beim Straßenbau also mehr – eine Botschaft, die offenbar alle maßgeblichen politischen Entscheidungsträger im Kerngebiet Baden-Württembergs verstanden haben. Die breit angelegte verkehrspolitische Initiative von Stadt und Region Stuttgart, Landkreisen und Industrie- und Handelskammer ist vernünftig, weil sie die Chancen erhöht, in Berlin zumindest die wichtigsten Vorhaben durchzubringen. Dabei gilt es, aus der großen allgemeinen Wunschliste für den Aus- und Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen ein paar wenige konkrete Vorhaben herauszufiltern, die alle Beteiligten goutieren. Im Gegenzug verlangt dies, Partikularinteressen zurückzustellen. Eben in dieser Hinsicht steht dem Bündnis die eigentliche Nagelprobe noch bevor.