In Brandenburg und Sachsen ist die Beteiligung mittlerweile so niedrig wie nie zuvor bei Landtagswahlen. Die desaströsen Zahlen zwingen die Politik, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Es ist höchste Zeit zum vereinten Handeln, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Dass die Bürger ausgerechnet in Ostdeutschland mehrheitlich der Wahl fernbleiben, wo die Freiheit zu wählen erst 1989 erkämpft wurde, schmerzt besonders. Doch hat es auch sein Gutes, dass die Wahlbeteiligung gleich in zwei Ländern – Brandenburg und Sachsen – unter die 50-Prozent-Marke gefallen ist. Angesichts der beschämenden Zahlen lässt sich nicht mehr leichtfertig darüber hinwegreden, dass immer mehr Landesregierungen und -parlamente ein Legitimationsproblem haben. Im Westen sollte dies niemand gelassen verfolgen, da der Trend zur Wahlenthaltung auch hier anhält. Die Demokratie ist noch nicht in Gefahr, zeigt sich aber sanierungsbedürftig.

 

In Brandenburg speist sich das Lager der Nichtwähler aus dem Anhang aller etablierten Parteien. Auch dies ist ein Indiz, dass das kleinkarierte Gezänk, wer welche Klientel zu wenig oder zu viel bedient hat, kontraproduktiv ist. Vielmehr bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung, um die tiefer sitzenden Gründe der kläglichen Wählermobilisierung anzugehen. Insofern verdient der SPD-Vorstoß zu einer parteiübergreifenden Initiative eine ernsthafte Debatte. Eine Wahlurne im Supermarkt löst die Probleme nicht. Entscheidend ist aber die Bereitschaft der Politik, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Dieses Signal hatte sie bisher vermissen lassen.