Alle wollen die Energiewende – man darf trotzdem den Naturschutznicht völlig aushebeln, meint Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Noch darf sich Ulm rühmen, den höchsten Kirchturm der Welt zu besitzen – 161,53 Meter weit ragt er in den schwäbischen Himmel. Irgendwann könnte ihn der Hauptturm der Sagrada Familia in Barcelona um 8,47 Meter übertrumpfen. Doch dieses Wettrennen spielt eh bald keine Rolle mehr, denn beide Türme stehen, sinnbildlich gesprochen, schon heute im Schatten viel höherer Windräder. 179 Meter Höhe wie in Ingersheim dürfte künftig die Regel und nicht die Ausnahme darstellen, und von diesen Kolossen könnte es, wenn man die Pläne der Landesregierung umsetzt, schon in wenigen Jahren 100 Exemplare allein rund um Stuttgart geben.

 

Konflikte sind programmiert, zumal es der grün-roten Landesregierung nicht schnell genug gehen kann und sie deshalb am liebsten den Kommunen ganz freie Hand geben würde. Doch das könnte zu Wildwuchs führen, weil jede Gemeinde selbst definiert, wo sie Windräder zulässt und wo nicht. Es ist deshalb wichtig, dass der Verband Region Stuttgart (VRS) das Heft des Handelns in der Hand behält und für die gesamte Region festlegt, wo zu Gunsten der Windkraft die großen Eingriffe in die Natur möglich sind und wo nicht. Denn der Schutz der Grüngebiete in der Region darf nicht ganz ausgehebelt werden, so wünschenswert die Energiewende ist.

Entscheidend für die Akzeptanz der neuen Standorte für Windräder wird sein, wie nachvollziehbar die Kriterien des Regionalverbandes sind. Der VRS kann sich in diesem Punkt große Meriten erwerben, wenn es ihm gelingt, eine Energiewende mit Augenmaß durchzusetzen. Seine Kriterien könnten zum Vorbild werden für andere Regionen im Land. Nächste Woche werden sie vorgelegt. Man darf gespannt sein.