Die Suche nach Standorten für Windräder folgt häufig subjektiven Kriterien. Gerade die Kommunen haben oft handfeste wirtschaftliche Eigeninteressen. Der Bürger sollte sich deshalb einmischen, kommentiert Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Objektivität gibt es nicht, es gibt nur verschiedene Perspektiven auf ein- und dieselbe Sache. Bei der Suche nach neuen Standorten für Windkraftanlagen ist das nicht anders. Eigentlich hätte man mit der gemessenen Windstärke – ab 5,5 Metern pro Sekunde kann ein Rad wirtschaftlich erfolgreich sein – eine sachliche Grundlage für die Entscheidung, wo ein Windrad sinnvoll wäre und wo nicht. Aber dieses Kriterium reicht eben nicht aus: Man will das Landschaftsbild schützen, weshalb der Verband Region Stuttgart (VRS) das bereits sehr schwammige Kriterium der „herausragenden Landmarken“ entwickelt hat, in deren Umfeld keine Anlage gebaut werden darf. Vollends subjektiv wird es, wenn der VRS Standorte in seine Pläne aufnimmt oder aus den Plänen tilgt, nur weil eine Gemeinde es wünscht.

 

Insofern ist der im Sommer vorgelegte Katalog der 96 Standorte keine unumstößliche Wahrheit, sondern nicht mehr als eine reichlich subjektive Diskussionsgrundlage. Umso dringender ist es, über diese Pläne tatsächlich auch zu streiten. Insofern war es gut, dass der Regionalverband im Herbst mit seinem Vorhaben wie ein Wanderzirkus durch die Lande gezogen ist.

Oft beginnt der Widerstand erst beim konkreten Projekt

Erfreulich ist, dass immerhin 3000 Bürger sich in den vergangenen Monaten zu Wort gemeldet haben – wie gewichtig ihr Wort ist, werden die kommenden Wochen zeigen. Keinesfalls sollte man aus der Zahl schließen, dass es keinen nennenswerten Widerstand in der Region Stuttgart gegen Windräder gäbe. Das Beispiel Ingersheim hat gezeigt, dass viele Bürger erst dann auf die Barrikaden gehen, wenn ein Projekt konkret wird. So weit ist aber noch keines der vielleicht noch 400 Windräder, die genehmigungsfähig werden könnten.

Vielleicht sollten sich alle in der Region ein Beispiel an Schorndorf und Winterbach im Rems-Murr-Kreis nehmen. Dort hat es in den letzten Wochen eine Bürgerbeteiligung und einen intensiven Austausch zwischen Bürgern und Rathaus gegeben. Es wurden nicht alle Interessen befriedigt. Aber noch schlimmer wäre es, wenn eine Kommune, die durchaus energiepolitische und wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt, allein über neue Standorte entscheidet. Trotz Stuttgart 21 und Filderbahnhof: Bürgerbeteiligung kann auch gelingen.