Im Europaparlament ist der Ärger über Günther Oettinger nicht verraucht. Er muss sich einem Kreuzverhör in drei Ausschüssen stellen. Dabei drohen unangenehme Fragen, zudem könnten neue Hürden auftauchen, bevor er Vize-Chef der Kommission werden kann.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Der Stuttgarter Unternehmer und russische Honorarkonsul Klaus Mangold hat erstmals bestätigt, dass er die Kosten für den umstrittenen Flug von Günther Oettinger (CDU) nach Budapest mit der ungarischen Regierung abgerechnet hat. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte Mangold: „Ich habe die ungarische Regierung im Zusammenhang mit der Organisation und Durchführung des Kongresses beraten.“ Dafür habe sie ihm ein Honorar bezahlt, das auch „meine Reisekosten abdeckt.“ Und weiter: „Dazu gehört ausdrücklich der Flug mit einer gecharterten Maschine von Hamburg nach Budapest, bei dem wir für Günther Oettinger einen Zwischenstopp in Brüssel eingelegt haben.“ Anders wäre dem Politiker eine pünktliche Teilnahme in Budapest nicht möglich gewesen. Mangold bekräftigt damit die Version in der Flugaffäre, die auch die ungarische Regierung vertritt. Im Übrigen schloss Mangold aus, dass es im Zusammenhang mit ihm noch ähnliche Fälle gibt: „Mit mir hat es keinen einzigen weiteren Mitflug von Günther Oettinger gegeben.“

 

Kreuzverhör vor Karrieresprung

Diese Worte der Klarstellung dürften dem deutschen Kommissar helfen. In Brüssel und Straßburg gärt es immer noch. Nach Informationen aus Grünen-Kreisen haben die Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament beschlossen, dass Oettinger sich einer förmlichen Anhörung in den Parlamentsausschüssen stellen muss, bevor er wie geplant Anfang des Jahres zum Vize-Chef der EU-Kommission befördert werden und das wichtige Dossier Haushalt und Personal übernehmen kann. Dabei wird Oettinger unangenehme Fragen beantworten müssen. Die Abgeordneten der drei betroffenen Ausschüsse - Haushalt, Haushaltskontrolle und Recht - werden schriftliche Fragen einreichen. Die Antworten des Kommissars sollen vor der Anhörung vorliegen, die am 8. oder 15. Dezember in Brüssel oder Straßburg stattfinden soll. Anhand der Antworten sowie seinem Auftritt wollen die Abgeordneten prüfen, ob er persönlich und fachlich für den Karrieresprung geeignet ist. Eine Prüfung ist stets vorgesehen, bevor ein Politiker erstmals Kommissar wird. Das Parlament kann anschließend ein Votum abgeben. Auch diesmal ist geplant, dass die Abgeordneten eine Empfehlung zu Oettinger abgeben. Diese Empfehlung soll diesmal aber nicht rechtlich bindend sein. Klar ist jedoch: Sollte das Parlament geschlossen eine negative Empfehlung zu Oettinger abgeben, wäre der Druck auf Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker groß, Oettinger zurück zu ziehen.

„Keine Lex Oettinger“

Inge Gräßle (CDU), Chefin des Haushaltskontrollausschusses, hätte ein anderes Verfahren für richtig gehalten: „Wenn ein Kommissar ein anderes Dossier übernimmt, ist nur ein Gedankenaustausch im Ausschuss vorgesehen.“ Da man es in dieser Wahlperiode im Fall des Kommissars Valdis Dombrovskis, der im Sommer das Dossier für Finanzen hinzu genommen hat, genau so gehandhabt habe, sehe sie keinen Grund, nun eine „Lex Oettinger“ zu praktizieren, so Gräßle weiter. Bei einem Gedankenaustausch („Exchange of view“) sind zwar auch schriftliche Fragen vorgesehen, dafür gibt es aber anschließend keine Empfehlung des Parlamentes zur Personalie.

Der Unmut im Parlament über Oettinger ist noch immer nicht verebbt. Wie in Straßburg zu hören ist, sind vor allem die liberalen Abgeordneten ungehalten über seine Rede vor Hamburger Unternehmern. Oettinger hatte davor gewarnt, die wirtschaftlichen Herausforderungen der Asiaten zu unterschätzen und dabei den Begriff „Schlitzaugen“ verwandt. Außerdem hatte er mit satirischem Unterton von der „Pflicht zur Homo-Ehe“ gesprochen. Aus der Fraktionsspitze der Liberalen wird die Äußerung überliefert: „Man darf jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen.“ Der FDP-Abgeordnete Michael Theurer hat auch noch Klärungsbedarf bei dem Mitflug bei Mangold: „Ich verlange eine hieb- und stichfeste Begründung, etwa vom Rechtsdienst der Kommission, dass sich Günther Oettinger beim Flug nach Budapest an die einschlägigen Regeln gehalten hat.“