Nach einer Analyse der IHK nehmen die Städte in der Region mehr Geld ein als in den Vorjahren. Trotzdem steigen die Schulden in vielen Kommunen, obwohl gerade jetzt ein Schuldenabbau möglich wäre.

Stuttgart - Wenn man aus Fehlern klug wird, dann hat die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) ihre Lektion gelernt. Seit Jahren lässt sie die Haushalte der 25 Großen Kreisstädte der Region und der Stadt Stuttgart untersuchen und listet die größten Schuldenmacher und finanziellen Schwächlinge zwischen Geislingen und Vaihingen/Enz auf – ein Ranking, das die Zornesadern auf der Stirn der Kämmerer und Finanzbürgermeister schwellen lässt, weil der Vergleich der Etats ihrer Meinung nach an den von Äpfeln mit Birnen erinnert und die Besonderheiten einer jeden Kommune außer Acht lässt. Die begrenzte Aussagekraft der auch in diesem Jahr wieder fast 100-seitigen Analyse räumt die IHK mittlerweile unumwunden ein: Auf fast jeder zweiten Seite findet sich ein Hinweis, dass „die Werte nur eingeschränkt vergleichbar“ seien, die IHK wolle nur eine „Orientierungshilfe über den Stand einer Gemeinde“ liefern.

 

Was die Analyse auf jeden Fall liefert, ist ein aussagekräftiges Gesamtbild der Kommunalfinanzen, zu dem fast alle Städte drei Motive beisteuern: die Zahl der Beschäftigten nimmt zu (nicht zuletzt wegen des Ausbaus der Kinderbetreuung), die Steuereinnahmen steigen, der Schuldenstand wächst – ein Dreiklang, der bei der IHK wenig Gefallen findet. „Die Kommunen sollten angesichts der guten Einnahmen Schulden abbauen und mit Blick auf eine unsichere Zukunft ihre Ausgaben reduzieren“, fordert Bernd Engelhardt, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK. Noch drastischer formulieren es die Autoren der Analyse. „Die Erfordernis zur Sanierung der kommunalen Haushalte scheint angesichts der guten Einnahmesituation trotz zeitlicher Brisanz nachrangig eingeordnet zu werden – das ist der falsche Weg“, heißt es. So hätten 19 der 26 analysierten Städte ihren Schuldenstand bis Ende des Jahres erhöht, durchschnittlich um mehr als zehn Prozent auf 1080 Euro pro Einwohner.

Spitzenreiter sind die Städte Esslingen und Leonberg

Spitzenreiter sind die Städte Esslingen (3480 Euro pro Einwohner) und Leonberg (2120 Euro pro Einwohner), Stuttgart liegt mit 823,83 Euro im Mittelfeld – wobei dieses Ranking die Problematik der Analyse deutlich macht, da es anders ausfällt, wenn man die Eigenbetriebe, Krankenhäuser und ausgegliederten Gesellschaften berücksichtigt. Hinzu kommt, dass diese Pro-Kopf-Verschuldung wenig aussagt über die Finanzkraft einer Stadt: eine Kommune mit hohen Einnahmen kann sich eine hohe Verschuldung eher leisten (und die Schulden rascher zurückzahlen) als eine einnahmeschwache Kommune mit geringeren Schulden.

Fast alle Städte rechnen mit steigenden Steuereinnahmen

Aufgrund der guten Konjunktur nehmen die Städte mehr Geld ein als in den Vorjahren. Außer Kirchheim/Teck rechnen alle mit einem steigenden Steueraufkommen pro Einwohner. Sindelfingen liegt mit 2210,83 Euro Steuereinnahmen pro Einwohner (und einer Steigerung von 25 Prozent) an der Spitze, Stuttgart mit 1810,92 Euro auf Rang fünf. Allerdings gibt es wegen der Schwankungen bei der Gewerbesteuer große Ausschläge – was die IHK auch heuer wie jedes Jahr dafür nutzt, eine Reform der Gewerbesteuer zu fordern. Doch darüber, so ist zu vermuten, regen sich nicht einmal mehr die Kämmerer auf.