Weil sie eigenmächtig über die Anmietung von Ersatzräumen für die Landwirtschaftliche Schule mit einem Makler verhandelt haben, sind vier Stadträtinnen vom OB gerüffelt worden.

Stuttgart - Welche Befugnisse haben Stadträte und wie weit dürfen sie gehen – diese Frage wird im Rathaus immer mal wieder kontrovers diskutiert. Jüngstes Beispiel: die detektivische Spurensuche des AfD-Stadtrats Heinrich Fiechtner in einer städtischen Notfalleinrichtung für jugendliche Flüchtlinge (die StZ berichtete am Mittwoch). Aber auch Kommunalpolitiker anderer Couleur nehmen sich mitunter wichtiger als sie es tatsächlich sind. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Suche nach einem Ausweichquartier für die Landwirtschaftliche Schule in Hohenheim.

 

Zur Erinnerung: Vor der kommunalpolitischen Sommerpause hatte eine breite Mehrheit des Gemeinderats den Beschluss gefasst, ein Bürogebäude in der Vaihinger Industriestraße als Interimsgebäude für die aus verschiedenen Gründen wegfallenden Außenstellen der Berufsschule anzumieten. Nach Weihnachten, so die Ansage, hätten die Räume bezugsfertig zu sein – die notwendigen Umbauten und Renovierungen seien kein Problem. Genehmigungs- und Finanzierungsfragen interessierten die Räte wenig. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, erklärte seinerzeit Iris Ripsam (CDU) selbstbewusst, und Marita Gröger (SPD) warf der Schulverwaltung Hinhaltetaktik vor.

Der Hintergrund: Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) hatte zwar eine Prüfung des Umzugs nach Vaihingen bis zum Herbst zugesagt, ihrerseits aber keinen Hehl daraus gemacht, dass sie das Gebäude der früheren Hedwig-Dohm-Schule im Westen auch aus Kostengründen für den geeigneteren Standort hält.

Rathauschef Fritz Kuhn zeigt sich „verwundert“

Diesmal wollten die Befürworter eines standortnahen Ersatzquartiers die Sache selbst in die Hand nehmen. Wie sich jetzt herausstellte, hatte ein fraktionsübergreifendes Damenquartett bestehend aus Ripsam und Gröger sowie Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne) und Rose von Stein (Freie Wähler) schon im Vorfeld der Verwaltungsausschusssitzung im Juli mit dem Vertreter des Eigentümers des Bürogebäudes sowie einem Makler über die Konditionen für die Anmietung verhandelt – ohne allerdings dazu autorisiert gewesen zu sein. Ans Licht kam die Angelegenheit durch einen Brief des Oberbürgermeisters Fritz Kuhn an die Fraktionschefs im Rathaus, der der StZ vorliegt. Darin zeigt sich der grüne Rathauschef über das Vorgehen der Damenriege „verwundert“ – ein Begriff, den sein Parteifreund Ministerpräsident Winfried Kretschmann gern als Synonym verwendet, wenn er das Wort „stinksauer“ vermeiden will. Es gehöre laut Gemeindeordnung „nicht zu den Aufgaben von Stadträten, Mietvertragsverhandlungen mit Eigentümern oder Maklern zu führen“, heißt es in dem oberbürgermeisterlichen Schreiben. Dies obliege allein der Stadtverwaltung. Im Übrigen entspreche es nicht „unserer gängigen Kommunalpraxis, mit Maklern zu verhandeln“. Kuhn kritisiert, das Auftreten der Stadträte habe im vorliegenden Fall den Eindruck erweckt, das Gebäude könne sofort umgebaut werden und der Eigentümer solle schon mal die Handwerker bestellen. Formal seien allenfalls er selbst oder von ihm beauftragte städtische Bedienstete für solche Verhandlungen zuständig.

Zudem sei es haushaltsrechtlich zwingend geboten, vor einer rechtlich verbindlichen Zusage ein auf seine wirtschaftliche Angemessenheit überprüfbares Angebot einzuholen, belehrte der OB das Quartett. Selbst bei bestehendem Zeitdruck – die Schule hat ihre teilweise baufälligen Außenstellen bereits geräumt und braucht bis Weihnachten eine Alternativlösung – könnten „haushaltsrechtliche Vorgaben nicht ignoriert werden“.

Ungeachtet des Kuhnschen Rüffels prüft die Stadtverwaltung, wie hoch die Kosten für den Umbau in dem Vaihinger Bürogebäude sein werden, um dem Gemeinderat im Herbst zu den Etatberatungen eine Beschlussvorlage präsentieren zu können. Für die Ratsmehrheit dürften freilich die Kosten für den Umzug der Schule sekundär sein. Wie sagte doch CDU-Rätin Ripsam: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“