Außenminister Sigmar Gabriel hat die Reisehinweise des Auswärtigen Amts für die Türkei verschärft. Die Inhaftierung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner ist nur einer von vielen Konflikten.

Berlin/Istanbul - Das ehemals partnerschaftliche Verhältnis zwischen Istanbul und Berlin ist längst zur politischen Machtprobe geworden.

 

Der jüngste Konfliktpunkt ist die Inhaftierung von zehn Menschenrechtsaktivisten in der Türkei. Sie waren bei einem Workshop zum Thema „Digitale Sicherheit und Informationsmanagement“ in Istanbul festgenommen worden. Unter ihnen ist auch der deutsche Medienrechtler Peter Steudtner. Der Vorwurf: Unterstützung einer Terrororganisation.

Weitere Konfliktpunkte sind:

Luftwaffenbasen: Im Juni 2017 beschließt der Bundestag den Abzug der Bundeswehr aus dem türkischen Incirlik. Grund ist das türkische Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete bei den dort stationierten deutschen Soldaten. Im Juli verschiebt die Türkei auch den Besuch deutscher Abgeordneter auf dem Nato-Stützpunkt in Konya. Grund seien die angespannten Beziehungen beider Länder.

Asyl: Nach Angaben des Auswärtigen Amtes begründete die türkische Regierung das Besuchverbot in Incirlik damit, dass Deutschland türkischen Offizieren Asyl gewährt hat. Ankara beschuldigt die ranghohen Militärs, als Anhänger des Predigers Fetullah Gülen mitverantwortlich für den Putschversuch im Juli 2016 zu sein.

Auftrittsverbote: Im April 2017 stimmt die Türkei in einem umstrittenen Referendum über eine Verfassungsänderung ab. Türkische Politiker reisen zuvor nach Deutschland, um Wahlkampfreden vor Auslandstürken zu halten. Mehrere solcher Veranstaltungen werden von den Kommunen untersagt. Erdogan nennt das „faschistische Repressionen“ und wirft deutschen Politikern vor, „Nazi-Methoden“ anzuwenden. Im Juni verbietet die Bundesregierung Erdogan einen Auftritt im Umfeld des G20-Gipfels in Hamburg.

Pressefreiheit: Im Februar 2017 wird „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel in der Türkei festgenommen. Der Vorwurf: Volksverhetzung und Terrorpropaganda. Appelle der Bundesregierung für seine Freilassung waren bislang vergeblich. Ankara schüchtert kritische Medien ein und zwingt sie auf Regierungskurs. Neben anderen befindet sich auch die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu Corlu in Haft.

Militärputsch: Die Türkei ist verärgert darüber, dass sich nach dem gescheiterten Putsch 2016 zunächst keine Mitglieder der Bundesregierung blicken lassen. Als Erster reist im Oktober Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nach Ankara, der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) im November.

Armenien-Resolution: Im Juni 2016 beschließt der Bundestag, die Gräuel an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als „Völkermord“ einzustufen. Ankara zieht zeitweise den Botschafter aus Berlin ab, auch ein erstes Besuchsverbot in Incirlik geht darauf zurück. Mit der Erklärung, die Resolution sei nicht rechtsverbindlich, entschärft die Bundesregierung den Streit.

Flüchtlingspakt: Ankara droht immer wieder damit, die Kooperation mit der EU in der Flüchtlingskrise aufzukündigen. Grund ist unter anderem die Forderung, die Türkei müsse Anti-Terror-Gesetze reformieren, um politischen Missbrauch zu verhindern. Im November 2016 fordert das EU-Parlament, die Beitrittsgespräche mit Ankara einzufrieren. Die EU erklärt bald darauf, die Gespräche würden vorerst nicht ausgeweitet.