Der Konflikt zwischen der Türkei und der kurdischen Rebellengruppe PKK scheint Stuttgart erreicht zu haben. Auch wenn die Urheberschaft für den Brandanschlag noch nicht feststeht – das Vorgehen passt ins Schema.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart/Berlin - Der Konflikt zwischen der Türkei und der kurdischen Rebellengruppe PKK scheint nun auch Stuttgart erreicht zu haben. Auch wenn die Urheberschaft für den Brandanschlag noch nicht fest steht – das Vorgehen passt ins Schema. Das Landeskriminalamt (LKA) in Berlin hatte bereits im Herbst davor gewarnt, dass sich der wiederbelebte Konflikt in der Türkei auch hierzulande auswirken könnte.

 

In Baden-Württemberg ist die PKK bundesweit überdurchschnittlich aktiv. Nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz äußert sich dies unter anderem in zahlreichen Veranstaltungen und einer auffälligen Militanz bei einem Teil der jugendlichen Anhänger. Zuletzt kam es hier im Rahmen des „20. Internationalen Kurdischen Kulturfestivals“ am 8. September 2012 in Mannheim zu massiven Ausschreitungen, in deren Verlauf 73 Polizeibeamte verletzt wurden, einige schwer.

Polizei: Zeit um die Neuwahl in der Türkei galt als brenzlig

Das Berliner LKA hatte vor allem die Zeit um die Neuwahl des türkischen Parlaments am 1. November ins Auge gefasst. Es bestehe in der Bundesrepublik die Gefahr, dass es zu „Inbrandsetzungen von Fahrzeugen mit türkischen Diplomatenkennzeichen“ komme. Zudem seien große Unternehmen wie Fluggesellschaften und Banken bedroht. Es könne zu „Besetzungen von Rundfunk- und Medienanstalten, Parteibüros, auf Flughäfen oder Bahnhöfen“ kommen. Die Situation hat sich nach den Wahlen kaum entspannt. Der türkische Präsident Erdogan hat seine Macht gefestigt, der zaghaft eingeleitete Friedensprozess mit der PKK ist praktisch am Ende.

Deutschlandweit werden der linksextremen PKK, die sich sowohl auf Terrorlisten der EU als auch der USA findet, im abgelaufenen Jahr rund 14 000 Anhänger zugerechnet. Nach Angaben des Landesverfassungsschutzes sind es in Baden-Württemberg 1100 – und damit 100 mehr als noch im Jahr zuvor. In Deutschland beschafft die PKK nicht nur Finanzmittel, rund acht Millionen Euro im Jahr, sondern rekrutiert Anhänger für die Parteiarbeit und für den Kampfeinsatz in der Türkei sowie in Nordsyrien oder im Nordirak.

PKK ist seit 22 Jahren verboten

Das Verbot der PKK in Deutschland stammt aus dem Jahr 1993, damals waren Terror und Kurden in der Gesellschaft ein weit verbreitetes Synonym. Damals hatte die PKK in Deutschland etwa halb so viele Anhänger wie heute. Seitdem der so genannte Islamische Staat von Syrien und dem Irak aus die Welt terrorisiert, werden die Kurden differenzierter betrachtet. Vielerorts sind es Kurden, zum Teil mit der PKK sympathisierend, die sich dem IS entgegen stellen.

In Deutschland sind der PKK immer wieder spektakuläre Aktionen gelungen. So brachten Sympathisanten im April 2013 bei Hamburg-Finkenwerder kurzfristig eine Fähre mit 60 Passagieren in ihre Gewalt, mehrfach wurden Medienhäuser besetzt und dort Botschaften verlesen. Im September griffen mutmaßliche PKK-Anhänger eine Moschee in Bielefeld an. Und im Januar 2012 kam es in Berlin zu einem Brandanschlag auf ein ADÜTDF-Lokal.